Bossen, Anja

Das Sankt-Florians-Prinzip in Baden-Württemberg

Kommentar

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 6/2013 , musikschule )) DIREKT, Seite 01

„Heiliger Sankt Florian, verschon’ mein Haus, zünd’s andre an.“ Nach diesem Motto verfahren derzeit die drei Musikhochschulen Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe, die mit dem ausgestreckten Finger auf die Musikhochschulen Trossingen und Mannheim zeigen und lieber diese den Sparplänen des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums opfern wollen, als sich mit den anderen Hochschulen zu soli­darisieren. „Entsolidarisierung“ ist einer der Begriffe, mit denen unsere Gesellschaft momentan charakterisiert wird.

Dass Entsolidarisierung jedoch ausgerechnet im öffentlich finanzierten wissenschaft­lich-künstlerischen Bereich geschieht, erstaunt. Es erstaunt deshalb, weil mit dem zunehmenden Abbau des öffentlich finanzierten Kultur- und Bildungssektors allen Betroffenen längst klar sein müsste, dass Willfährigkeit, vorauseilender Gehorsam und der Wunsch oder – schlimmer noch – die aktive Mitarbeit daran, dass die Politik doch bitte „die anderen“, nicht jedoch die eigene Institution „verschlanken“ oder abwickeln möge, keineswegs dazu führt, den Fortbestand der eigenen Institution zu sichern. Denn eins ist ganz klar: Der Abbau des öffentlich finanzierten Bildungs- und Kulturbereichs wird weitergehen – weil es politisch so gewollt ist.

Wenn ein Ministerium nur mit drei und nicht mit allen fünf betroffenen Hochschulen Gespräche führt, ist dies allein schlimm genug. Schlimmer aber ist, dass die zu den Gesprächen eingeladenen Hochschulen weder darauf bestehen, dass das Ministerium mit allen spricht, noch die Bereitschaft zeigen, konstruktive Vorschläge gemeinsam mit allen zu entwickeln. Damit ist nicht gemeint, ministerielle Sparvorgaben widerstandslos umzusetzen. „Solidarität“ bedeutet vielmehr, eine konstruktive Diskussion zwischen allen beteiligten Hochschulen darüber zu führen, wer wo wie weshalb künstlerisch, pädagogisch oder wissenschaftlich ausgebildet werden soll. Mit anderen Worten: einen bildungs- und kulturpolitischen Plan zu entwickeln und gemeinsamen Widerstand dort zu leisten, wo eine solche Ausbildung aufgrund von rigiden Sparmaßnahmen nicht (mehr) umgesetzt werden kann.

Die Erleichterung darüber, dass man selbst noch eine Zeit lang verschont bleibt, ist eine trügerische, wie die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen. Jeder kann morgen der nächste sein. Wer sich nicht solidarisch verhält, macht sich mitschuldig an einer politisch ungemein leicht und schnell zu handhabenden Abwicklung unserer gewachsenen Kultur- und Bildungslandschaft.