Peters, Jürgen

Mit Bogenherz und Fingerverstand

Zum kundigen Violin- und Violaspiel in Liebhaber-­Ensembles. Ein Denk-, Übungs- und Lustmachbuch

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: BibSpider, Berlin 2019
erschienen in: üben & musizieren 4/2020 , Seite 60

Jürgen Peters, Violin- und Bratschenlehrer einer Berliner Musikschule und langjähriger Leiter des Neuen Kammerorchesters Wedding, von Dilettanti Adulti sowie des Berliner Jugendkammerorchesters trägt in diesem Buch reichhaltige Erfahrungen aus lebenslanger Arbeit mit seinen Ensembles zusammen. Wie der Titel verrät, möchte Peters das Spannungsverhältnis zwischen Lust am gemeinsamen Musizieren und Bedenken gegenüber Ensemblespiel und die allfälligen spieltechnischen und physischen Grenzen von AmateurmusikerInnen auf dem Weg zum Erfolg in den Blick nehmen und überwinden helfen.
Es bleibt nicht aus, dabei Fragen und Problemstellungen zu berühren, die nicht neu sind und schon vielfach beschrieben wurden. Trotzdem ist es hilfreich, das insbesondere aus violin­pädagogischer Perspektive sehr umfangreiche Problemkonvolut einmal derartig zusammengefasst zu finden – versehen mit einer Vielzahl von Literaturbeispielen vornehmlich der älteren Orchesterliteratur. Die Bezugnahme auf bekannte und erfolgreiche Musiker und Streicher­pädagogen – ausführliche kommentierte Liste im Anhang des Buchs – regt dazu an, den Blick über das eigene Arbeits- und Erlebensfeld zu weiten. Dies geht einher mit der Aufforderung an SpielerInnen, nicht nur lustbetont zu „spielen“, sondern immer auch den Wissenshorizont beständig auszuweiten – siehe Kapitel XII: „Vom Wissen, Reden und Streiten über Musik: Vom Bildungshintergrund bis zur Urtextausgabe“.
Einen berechtigt umfangreichen Abschnitt widmet der Autor den orchesterorganisatorischen Konfliktherden. Viele Orchester mit hohem Potenzial scheitern bereits hier. Die Themenfelder umfassen unter anderem so banal erscheinende Fragen wie Orchesterverfassung und Verantwortlichkeit, Mitwirkungsmöglichkeit, Besetzungs- und Terminplanung, Probenplanung und
-organisation sowie die Verbindlichkeit der Mitwirkung. Die Ausführungen münden in zwei im Anhang niedergelegten zusammenfassenden Regelabschnitten: „Die 10 Gebote des Orchester- und Kammermusizierens“ und „Organisations- und Arbeitsregeln eines exemplarischen Liebhaberorchesters“.
Auf die umfangreichen beispielorientierten Abschnitte zur streicherischen Orchesterpädagogik kann hier nicht näher eingegangen werden. Sie widmen sich spieltechnischen Problemen und deren mentalen Voraussetzungen wie Hören und Vorstellungskraft, Bogentechnik, linker Arm und Fingering, Disposition, Metrik und Rhythmik, Phrasierung und Agogik, Dynamik und Verzierungen. Zwei umfangreiche Kapitel gelten den gruppendynamischen und psychologischen Aspekten der Orchesterarbeit und -bildung bis hin zum Prob­lem der Stress- und Angstbewältigung. Ein lesenswertes Buch – für erfahrene wie unerfahrene LeiterInnen von Amateurorchestern!
Uwe Gäb