Braun, Andrea

„Eine kleine Überraschung…“

Die speziellen Sorgen von Knabenchören während der Corona-Pandemie

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 5/2020 , Seite 50

„Ich kam zu einer Solostunde, um ein Stück einzustudieren, und nach ein paar Minuten Einsingen hörte meine Stimmbildnerin direkt, dass der Stimmbruch vor der Tür steht“, erinnert sich Gregor Hoffmann an eine der ersten Gesangsstunden, die er nach der langen Corona-Zwangspause wieder hatte. „Und das war dann eine kleine Überraschung, weil die Stimme davor ganz normal geklungen hatte“. Der 13-Jährige ist Sopranist und Solist beim Tölzer Knabenchor und sang in letzter Zeit beispielsweise an Opernhäusern in Berlin, Straßburg und Amsterdam Solo-Partien. Dann kam Corona – und der Proben- und Konzertbetrieb wurde erst einmal eingestellt. Zwar ging es online mit Einzelstunden weiter, doch statt fünf Stunden pro Woche sangen die Jungen plötzlich nur noch 45 Minuten. Und das führte nicht nur bei Gregor zu einem unerwarteten Stimmbruch, wie Christian Fliegner, einer der Chorleiter der Tölzer erklärt: „Normalerweise haben wir im Jahr etwa zehn bis zwölf Stimmbrüchige – in diesem Jahr waren es, als wir nach den Pfingstferien wieder mit Einzelstunden und Ensembleproben vor Ort anfangen konnten, schon drei oder vier mehr“.
Sein Kollege Martin Lehmann, Leiter des Windsbacher Knabenchors, bestätigt diese Häufung von Stimmbrüchen nach der Corona-Pause, wobei ihn vor allem die Schnelligkeit erstaunte, mit der dieser Prozess nun vor sich ging: „Es ist eigentlich durch die Bank so, dass auch Sänger, bei denen wir vor Corona gar keine Anzeichen von Stimmbruch erkannt haben, mit einer sehr tiefen und eben meist brüchigen Stimme zurückkamen“. Ähnliches berichten auch Augsburger Domsingknaben und Regensburger Domspatzen, während die bekanntesten Knabenchöre der nördlichen und östlichen Bundesländer – Tho­maner, Knabenchor Hannover und Dresdner Kreuzchor – noch keine dahingehenden Beobachtungen verzeichnen konnten.

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