Bönisch, Josef

Little Duets

7 Duette für Klarinetten in B

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Uetz, Halberstadt 2020
erschienen in: üben & musizieren 1/2021 , Seite 64

Grundsätzlich kann ein Komponist so schreiben, wie er möchte. Grundsätzlich kann ein Verlag herausgeben, was er möchte. In einer Rezension in einer musikpädagogischen Zeitschrift muss man sich jedoch grundsätzliche Fragen stellen.
Wieso schreibt ein Komponist angesichts unzähliger originaler klassischer Klarinetten-Duos heute noch solche in schönster Tonalität mit wohlklingenden Terz- und Sextparallelen, mit rhythmischen Verläufen, die aus der Klassik herkommen – abgesehen von Taktwechseln von 6/8 zu 5/4 wie im ersten Duo „Tänzerisch bewegt“? Warum sollen SchülerInnen der Mittelstufe, denn nur für diese können die Little Duets gedacht sein, Stil­kopien spielen, die kaum die besonderen Eigentümlichkeiten des jeweiligen Stils erkennen lassen wie in „Alla Barock“ oder dem auf entsprechende harmonische Besonderheiten fast ganz verzichtenden und im schönsten Unisono endenden „Jazzing“? Warum kommt das „Scherzando“ in C-Dur mit kleinen Molleintrübungen und sich wiederholenden rhythmischen Figuren aus Nr. 1 nicht zu interessanteren klarinettenspezifischen Klangwirkungen? Diese sind – auf anderer Ausdrucksebene – doch schon seit Carl Maria von Weber bestens bekannt. Gibt es nur das Formschema ABA’, das alle Duos aufweisen?
Nur im zweiten Duo mit dem Titel „Legend“ (warum wechselt die Sprache bei der Titelgebung?) wird die Form durch eine kleine Kadenz der ersten Klarinette etwas aufgebrochen. Die „Happy Moments“ des letzten Duos, das mit ein wenig Chromatik gewürzt ist, bleiben beim Spiel dieses Satzes zwar nicht ganz aus, lassen aber aus pädagogischer Sicht eher Zweifel am Wert der Duette zurück.
Auch bei Duos für SchülerInnen, die noch nicht den ganzen Tonumfang zur Verfügung haben, gibt es interessantere, reizvollere Möglichkeiten des Komponierens, die den Charakter des Ins­truments besser in Szene setzen, abwechslungsreicher sind, den Blick auf andere Klangwelten richten und dabei die Ohren für Neues öffnen. Auf diesem Weg sollten Verleger ihre Komponisten begleiten und unterstützen, um dann das Prädikat „pädagogisch wertvoll“ in einer Rezension lesen zu können, statt nur auf das Gewohnte zu setzen, wie dies nicht nur bei den vorliegenden Little Duets oft der Fall ist.
Heribert Haase