Adler-McKean, Jack

Die Spieltechnik der Tuba

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2020
erschienen in: üben & musizieren 2/2021 , Seite 58

Kann der Titel halten, was er verspricht? Das kann man schon beantworten, ohne das Buch aufgeschlagen zu haben. Die Tuba ist in ihren Möglichkeiten ein komplexes Musikinstrument wie alle anderen auch und ist deshalb nicht auf eine Einzelmeinung zu beschränken. „Eine Anleitung für Komponistinnen und Komponisten sowie Tubistinnen und Tubisten, die Welt vom jeweils anderen Standpunkt aus zu betrachten“, so erklärt Adler- McKean sein Werk. Auch das klingt vielversprechend.
Die ersten 50 Seiten des sehr textlastigen Werks widmen sich der Instrumentenkunde und der Entstehung der Tuba, also noch keiner Spieltechnik. Wer sich noch nicht mit der Tuba beschäftigt hat, wird hier fündig. Nach etlichen Beispielen aus der klassischen Orchesterliteratur für Tuba sowie frühen solistischen Einsätzen kommt Adler-McKean auf seine eigenen musikalischen Interessen zu sprechen: experimentelle Musik, Mikrotonalität und sogar Ventiltypen, wie sie in der traditionellen Bauart einer Tuba nicht existieren und auch keine Verwendung finden. Weiter finden sich Beispiele zur Erzeugung von Luftgeräuschen im Instrument und deren Notationsmöglichkeiten, künstliche (so­genannte Falsche) Töne sowie Klangmodulationen durch die Muskulatur und die Zunge.
Geräusche im Klang werden im klassischen Studium der Tuba in mühevoller Arbeit über viele Semester zu verhindern versucht, um den Wohlklang des Instruments hervorzuheben. Erfahrungsgemäß ist gerade das Klangspektrum einer Tuba das, was den wenigsten Menschen bekannt ist und sie am meisten fasziniert: Sie kann fein klingen wie ein Streichinstrument, stechend artikulieren wie eine Oboe und leichtfüßig wie eine Flöte tanzen, sie kann perkussiv klingen und weich melodiös.
Adler-McKean möchte KomponistInnen inspirieren im Umgang mit allem, was effektvoll und geräuschintensiv ist und nicht dem üblichen Klangbild entspricht. Die Zeit ist gekommen, dass man nicht mehr nur Arrangements im Tuba-Repertoire findet, sondern hochwertige Originalkompositionen. Wettbewerbe tragen dazu bei, dass immer wieder neue Werke entstehen, indem Kompositionsaufträge vergeben werden. In den vergangenen Jahren sind sehr viele herausragende Werke für Tuba entstanden wie z. B. die Aubade von Willi März anlässlich des internationalen Tubawettbewerbs in Markneukirchen. Willi März zählt zu den Komponisten mit den meisten Tubawerken, die alle auf CD eingespielt wurden. Seinen Namen sucht man allerdings in diesem Buch in der Liste der Komponisten vergeblich, ebenso den Namen Jörg Duda, dessen Tuba-Konzert mit einem ECHO Klassik prämiert wurde.
Anerkennend hervorzuheben ist die Gestaltung des zweisprachigen Bandes (deutsch/englisch), die akribische Angabe der Quellen, die Bilder aller Gattungen der Tuba von Beginn an sowie die Darstellung der Auswahl von Spieltechniken des Autors.
Siegfried Jung