Hertl, Frantisek

Vier Stücke

für Kontrabass und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2020
erschienen in: üben & musizieren 3/2021 , Seite 61

Solistische Musik für Kontrabass wird meist von Kontrabassisten geschrieben. Dieses simple Faktum führt zu einer ganzen Reihe musikalischer Konsequenzen. Darunter die Tatsache, dass es kaum solistische Kontrabassliteratur von „großen“ Komponisten gibt. Oder die Beobachtung, dass die Solokompositionen für das tiefste Streichinstrument grundsätzlich eher virtuos gehalten sind in Bezug auf die geforderten spieltechnischen Fähigkeiten oder auch in Bezug auf den Charakter der Komposition.
Frantisek Hertl macht da keine Ausnahme, wenngleich seine bei Bärenreiter als Neuedition der Erstveröffentlichung (Supraphon) vorgelegten vier Stücke aus dem Jahr 1968 das nicht auf den ersten Blick erkennen lassen. Ein wenig aus der Zeit gefallen wirken Präludium, Burleske, Nocturne und Tarantella – ganz als ob sie der Tradition eines Robert Fuchs huldigten. Kaum Doppelgriffe oder Flageoletts, dafür aber weit ausgreifende gesang­liche Linien, die fast fortwährend in hohen Lagen münden. Hertl wusste als Bassist eben, wie er sein Instrument ins beste kammermusikalische Licht rücken kann. Der Klang, auf dem großen Volumen des Resonanzkörpers aufbauend, macht in diesen vier Stücken den Unterschied.
Vom ersten bis zum letzten Satz erlaubt Hertl seinem Protagonisten kaum eine Verschnaufpause, lediglich in der Einleitung zur Tarantella darf das Klavier den Ton (und das Tempo) vorgeben, bevor es dann für den Solisten so richtig zur Sache geht. Durch alle Lagen geht der Triolensprint, der nach einem kurzen gesang­lichen Intermezzo noch einmal durch entlegenere Tonarten einem furiosen Finale entgegenrast. Herausforderungen bezüglich der Intonation in allen Lagen, die notwendige präsente Tongebung, um sich gegen das Klavier behaupten zu können, und die reaktionsschnelle Beweglichkeit des Bogens – es ist alles vorhanden, um gerade diese Tarantella zum Wettbewerbsstück par excellence zu machen.
Doch auch die drei vorangehenden musikalischen Bilder haben es in sich. Ein großer, tragfähiger Ton ist im Nocturne gefordert, das aber dennoch eher auf Präsenz denn auf Lautstärke setzt. Das einleitende dreiteilige Präludium lebt von klanglichen Kontrasten und führt schon einmal vor Ohren, in welcher Stimmlage der Komponist sein Instrument bevorzugt sieht: Frantisek Hertl weist dem Kont­rabass hier ganz eindeutig den Tenor zu!
Die Burleske schließlich mag zwar streckenweise wieder im Fundamentbereich der Töne zuhause sein, weniger anspruchsvoll ist sie deswegen aber nicht. Vorwärts getrieben vom Klavier darf der Kontrabass hier zeigen, was mit einer perfekten Beherrschung der rechten Hand an Leichtigkeit aus diesem in Hinblick auf seine solistischen Ambitionen gerne belächelten Ins­trument herauszuholen ist.
Daniel Knödler