Zöllner, Eva

Komponieren für Akkordeon

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: ARE-Verlag, Köln 2021
erschienen in: üben & musizieren 1/2022 , Seite 58

Die Akkordeonistin Eva Zöllner zählt zu den weltweit Aktivsten bei der Zusammenarbeit mit KomponistInnen. Damit schreibt sie die Erfolgsgeschichte des jungen Instruments engagiert weiter. Sie war bis zum Corona-Aus eine der ganz wenigen ihrer Zunft, die nahezu ausschließlich konzertierte, der Lehre kaum Zeit widmen konnte. Das ist beachtlich, stellt sich bei der Betrachtung des vorliegenden Bandes aber punktuell als Manko heraus.
KomponistInnen verfügen vielerorts über zu wenig Wissen über das komplexe Balginstrument. Wer genaue Informationen über die klanglichen Möglichkeiten sucht, findet nur wenig. Als informativste Veröffentlichung durfte bisher Die Spieltechnik des Akkordeons von Bettina Buchmann (Bärenreiter) gelten.
Zöllner legt mit Komponieren für Akkordeon nun ein kompaktes Heft in Deutsch und Englisch vor. Es enthält wichtige Beschreibungen der Bauart und der Spieltechnik des Akkordeons, zeigt Beispiele der Notation. Sie spricht expliziter als Buchmann KomponistInnen an. Dabei zehrt Zöllner spürbar von ihrer Erfahrung als Interpretin und Beteiligte am Entstehungsprozess von Kompositionen. Sie gibt in durch ein „Akkordeon-Emoji“ herausgehobenen Stellen präzise Hinweise zur Vermeidung von Grundlagenfehlern beim Komponieren. Dies sind die Leuchttürme des Hefts.
Klangfeinheiten lassen sich allerdings rein verbal schwer und unzureichend beschreiben. Insofern fehlt dem Heft mangels CD oder Verweis auf eine Audio-Datenbank die Option zum folgenden direkten Höreindruck. Außerdem füllt auch Zöllner eine bedeutende Lücke – genau wie Buchmann – nicht: Für den gesamten Bereich der Musikpädagogik reichen Veröffentlichungen über Profi-Konzertakkor­deons nicht aus. Die prioritäre Frage jeder Komponistin und jedes Komponisten ist, wie viele Töne zur Verfügung stehen. Beim Klavier genügt die Auflistung des Tonumfangs. Beim Akkordeon ist es diffiziler, da in mindestens drei Stufen Akkordeons mit ihren kindlichen SpielerInnen mitwachsen. Es wäre ein Einfaches gewesen, die Grafiken der Manuale so zu ergänzen, dass ein Hinweis auf durchschnittliche Tonumfänge der Ins­trumente für kleine und größere Kinder und für Jugendliche erfahrbar werden. Schade.
Außerdem darf mehr Sorgfalt beim Redigieren erwartet werden. Es gibt Fehler in Grafiken der Tonumfänge (Seite 7 oben), und leider schmälert die Anzahl an Schreibfehlern den ansonsten insgesamt positiven Gesamteindruck. Schade auch, dass KomponistInnen für die Regist­rierung der linken Manuale auf zu komplizierte Symbole gelenkt werden. Die benutzten Darstellungen sind so weder üblich noch sinnvoll.
Das Heft kann dennoch als gute, schnelle und erschwingliche Informationsquelle für KomponistInnen dienen. Letztlich kommt jedoch niemand am lebendigen, in echt produzierten Soundbeispiel vorbei.
Gerhard Scherer