Schwab, Sigi

Guitar Book

30 Arrangements from Classical Music to Jazz

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2021
erschienen in: üben & musizieren 2/2022 , Seite 61

Siegfried „Sigi“ Schwab ist mittlerweile 81 Jahre alt, und was er jetzt vorgelegt hat, kann man ohne zu zögern als sein musikalisches Vermächtnis bezeichnen: ein fast DIN-A3-großes 99-sei­tiges Buch mit 30 Arrangements für akustische Sologitarre von Bach über Jazz bis Weltmusik. Leicht zu spielen ist keines dieser Stücke.
Am einfachsten sind noch das Prélude aus Bachs Cello-Suite Nr. 1 und Händels bekannte Arie Lascia ch’io pianga. Schwabs die Klangmöglichkeiten der Gitarre voll ausnutzende und satt klingende Arrangements von ­Take Five, Round Midnight oder Stormy Weather, von Beatles-Songs wie Blackbird, Elanor Rigby oder Yesterday und seine eigenen Jazz- und Weltmusikkompositionen wie Jazz Me, I’m Bluesy oder African Colours gehören in die Mittel- und Oberstufe. Handschriftlich sind den Noten in rot Akkordbezeichnungen und in grün Fingersätze zugefügt.
In Deutsch und Englisch schreibt Schwab zu jedem Stück einen kurzen autobiografischen Kommentar und streut kleine Essays zu seinem Musikverständnis zwischen die Buchkapitel. Ein paar unnötige Seitenhiebe auf die Klassik-Avantgarde seien ihm dabei verziehen.
Aber es sind nicht nur die Arrangements, die dieses opulente und trotzdem preisgünstige Notenbuch zu etwas Außergewöhnlichem machen. Schwab blickt auf stolze 65 Gitarrenjahre zurück. Angefangen hat er als Student für Kontrabass und Gitarre in den frühen sechziger Jahren an der Musikhochschule Mannheim, aber schon früh Kontakte zur dortigen Rock- und Jazzszene aufgebaut. Als Studiomusiker spielte er in zigtausend Produktionen mit Peter Herbolzheimer, Wolfgang Dauner oder Charlie Mariano. 1967 erhielt er den Prototyp einer Classical Electric Guitar der Firma Ovation mit gewölbtem Korpus und Nylonsaiten, die seitdem zu seinem Markenzeichen wurde.
Das Guitar Book dokumentiert mit zahlreichen farbigen Fotos seine außer­gewöhnliche Karriere: Schwab mit dem Jazzbassisten Eberhard Weber, Schwab mit dem Gitarristen Peter Horton (ihre LP Guitarissimo von 1978 mit Toccata for a Wild Old Lady war ein Riesenerfolg), Schwab mit seiner neuesten Formation Camerata Bavarese.
Stilistisch war er immer südamerikanischen Gitarristen wie Laurindo Almeida, Luiz Bonfá oder Baden Powell nahe, immer dabei, die Schranken zwischen U- und E-Musik zu „pulverisieren“, wie er selbst schreibt: Schwab spielte in einem Jahr mit seinem Diabelli-Trio (mit Flöte und Bratsche) virtuose Serenaden um 1800 ein, in einem anderen zusammen mit Jazzgrößen wie dem Flötisten Chris Hinze oder dem Gitarristen Larry Coryell, und wieder in einem anderen Jahr zusammen mit einem Gamelanorchester. Von all diesen Musikgenres bietet das Opus Magnum dieses extrem vielseitigen Gitarristen einen Querschnitt.
Jörg Jewanski