Berger, Dietmar

Mussorgsky’s Pictures

A Heavy Metal Suite for Cello solo

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Walhall, Magdeburg 2021
erschienen in: üben & musizieren 2/2022 , Seite 63

Mussorgskys Bilder einer Ausstellung zählen zu den bekanntesten programmatischen Kompositionen. Ursprünglich als Klavierzyklus konzipiert, bieten die Stücke Inspiration zu zahlreichen Bearbeitungen. Diese reichen von traditionellen Klassik-Besetzungen wie der Orchesterfassung von Ravel bis hin zu Crossover-Projekten zum Beispiel der britischen Rockband Emerson, Lake & Palmer.
Der Kölner Cellist, Gambist, Komponist und Maler Dietmar Berger nähert sich Mussorgskys populären Stücken experimentierfreudig und aus einer ungewöhnlichen Perspektive. In Form einer „Heavy Metal Suite“ für Violoncello solo (akustisch oder elektrisch) wagt er sich über den Kontext der klassischen Musik hinaus und verbindet sie mit Heavy-Metal-Elementen zu einer spannenden stilistischen Mischung. Entstanden sind die Ouverture, frei inspiriert von der Promenade, Games (Spielende Kinder), The Old Cart (Der Ochsenkarren), The Witch (Die Hütte der Baba-Jaga) sowie The Great Gate (Das große Tor von Kiew). Die fünf Sätze ergänzen sich zu einer kontrastreichen und wirkungsvollen Auswahl, die leise, spielerische Momente ebenso aufgreift wie wilde und monumentale Klänge. Dabei bleiben die Charaktere der Vorbilder stets erkennbar und auch ihre musikalischen Gestaltungselemente blitzen in Mussorgsky’s Pictures immer wieder auf. Das kann beispielsweise motivisch geschehen: So übernimmt The Witch die chromatisch aufsteigenden Achtelmotive mit Quartsprüngen, die Dietmar Berger zusätzlich mit einem Glissando-Effekt unterstützt. Zudem behält er Teile von Mussorgskys kompositorischer Struktur bei, unter anderem die Taktwechsel zwischen 5/4 und 6/4 sowie die Taktanzahl in der Ouverture (abgesehen von einer eingefügten Wiederholung).
Charakteristisches Hauptmerkmal der „Heavy-Metal-Suite“ ist die durchgängige Verwendung von sogenannten Power-Chords: Zweiklängen, bestehend aus Grundton und Quinte, bei denen die Quinte über oder unter dem Grundton gespielt werden kann. Sie sind typisch für den Heavy Metal und spielen durch ihre Klangfülle vor allem in The Old Cart eine große Rolle – in Anlehnung an die schweren, wuchtigen Achtelakkorde des Ochsenkarren. Die Power-Chords benötigen viel Kraft und bilden zum Teil eine intonatorische Herausforderung.
Insgesamt sind alle Stücke sehr cellistisch gesetzt und liegen gut in der Hand. Dietmar Berger ergänzt die klassischen Momente mit rhythmischen Variationen, wilden Sechzehntelfiguren, großer dynamischer Bandbreite, Flageoletts, Glissandi, Akzenten sowie vielen Doppelgriffen.
Klassisch ausgebildete CellistInnen kommen eher selten mit Heavy Metal in Berührung. Mussorgsky’s Pictures ermöglichen interessierten MusikerInnen einen spannenden und moderaten Einstieg in diesen Musikstil. Besonders reizvoll wird es, wenn die Stücke auf einem E-Cello gespielt werden!
Anna Catharina Nimczik