Pöllmann, Lorenz

Musikschulmarketing

Elemente eines ganzheitlichen Kommunikationskonzepts

Rubrik: Marketing
erschienen in: üben & musizieren 3/2022 , Seite 38

Jede Musikschulleitung trifft Entscheidungen, die dem Marketing zugerech­-net werden können. Zwar verfügen die wenigsten Musikschulen über ausreichende Mittel für eine Marketing-Stelle. Erfolgreiches Marketing ist allerdings nicht nur abhängig von finanziellen Ressourcen, sondern wird auch von einem strategischen Blick auf die ge­samte Institution und einer klaren ­Zielsetzung bestimmt.

Marketing ist für Musikschulen relevant, auch wenn sich das nicht zwingend sofort erschließt. Denn es könnte angenommen werden, dass eine kommunale Musikschule durch wenig Wettbewerb ein klares Alleinstellungsmerkmal hat und die Zielgruppe klar definiert ist: Junge Menschen, die ein Instrument, Singen oder andere künstlerische Aktivitäten wie beispielsweise Tanzen oder Theater erlernen möchten. Doch ganz so einfach ist es natürlich nicht.
– Erstens besteht der Wettbewerb nicht nur aus anderen Musikschulen, Musikvereinen und privaten KunstpädagogInnen, sondern schließt auch unzählige Apps und Tuto­rials auf YouTube mit ein. Warum soll jemand zu festen Zeiten in einer Musikschule kostenpflichtig Unterricht nehmen, wenn es das Vermittlungsangebot auch zeitlich flexibel und kostenfrei auf YouTube gibt? Allen PädagogInnen ist klar, dass über Videos ohne Feedback-Kanal keine Überprüfung von Haltung, Intonation, Fingersatz etc. gegeben und daher ein langfristiger Lernerfolg unwahrscheinlich ist. Auch ist das Lernen eines Instruments über einen einseitigen Kommunikationskanal ineffizient. Schließlich gibt es über YouTube keine Bewertung und Einordnung der eigenen Fortschritte, kein individualisiertes Motivieren und keine adäquate Möglichkeit für individuelle Rückfragen. Zudem basieren YouTube-Tutorials häufig nicht auf einem elaborierten Lehrplan. Doch diese Defizite sind nicht allen Musikinteressierten klar. Hier besteht also bereits eine Informationsaufgabe der Musikschulen: zu verdeutlichen, was die Qualität von Unterricht ausmacht. Dies gewinnt besonders seit der Zunahme von Musikschul-Webinaren und Distance-Learning-Angeboten an Bedeutung.
– Zweitens ist die Zielgruppendefinition „junge Musikinteressierte“ viel zu vage. Diese lassen sich beispielsweise unterteilen nach verschiedenen Instrumenten, Altersgruppen oder sozialen Schichten. Noch differenzierter wird es für Musikschulen, die sich der Potsdamer Erklärung von 2014 verschrieben haben, nach der sich Musikschulen als inklusive Lernorte verstehen. Eine ebenso wichtige Zielgruppe umfasst die Eltern, ohne deren Engagement – z. B. beim Üben außerhalb des Unterrichts – die Musikvermittlung schnell ein zähes Unterfangen wird. Weitere Zielgruppen sind politische EntscheidungsträgerInnen, mögliche KooperationspartnerInnen (z. B. Lokalzeitungen, Sponsoren), Lehrkräfte kooperierender Schulen oder auch potenzielle MusiklehrerInnen. Jede dieser Zielgruppen hat verschiedene Bedürfnisse und wird über verschiedene Kanäle angesprochen.
Die Entwicklung von Argumenten für den Besuch der Musikschule und die Ansprache der Zielgruppen mithilfe adäquater Medien bedeutet nun aus Perspektive des Musikschulmarketings: Analyse der Nutzendimensionen, Zielgruppensegmentierung und Mediaplanung. Dies sind Kernaufgaben des Musikschulmarketings.
Musikschulmarketing bedeutet, eine Musikschule unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der SchülerInnen und deren Eltern zu leiten. Mit der Online-Bekannt­machung der Kursangebote und Preise ist es also nicht getan und die Bedürfnisse gehen über den Instrumentalunterricht (bzw. Gesangs-/künstlerischen Unterricht) hinaus, wie anhand von zwei Beispielen verdeutlicht werden soll:

Beispiel 1: Musikschulen können als Begegnungsstätten soziale Kontakte durch Ensemble-Angebote und Freizeiten anbieten und damit die Bindung der SchülerInnen zur Institution stärken. Dieser Ansatz würde zur Entwicklung einer Sozialstrategie führen, bei der es primär nicht um das eigentliche Instrument geht.

Beispiel 2: Nicht alle Eltern möchten selbst das Instrument ihres Kindes erlernen. Eltern, die ihre Kinder zum Musikunterricht bringen, sitzen nicht immer dabei und notieren sich alle Aussagen der Lehrkraft. Viele nutzen die Zeit für andere Tätigkeiten, beantworten Mails oder lesen Zeitung. Die Eltern konsequent in den Fokus einzubeziehen, könnte bedeuten, ihnen während der Wartezeit einen Kaffee(-automat) anzubieten und ihnen regelmäßig Checklisten mitzugeben, damit sie ihre Kinder beim Üben unterstützen können.

Diese Beispiele sollen nicht den Eindruck erwecken, Musikschulmarketing wäre nur eine Sammlung von Maßnahmen, die den Nutzen der verschiedenen Zielgruppen erhöhen. Vielmehr folgt Musikschulmarketing einem systematischen Management-Prozess, der sich in die Phasen Analyse, Zielsetzung, Strategie, operative Maßnahmen und Evaluation bzw. Controlling unterteilen lässt (siehe Abbildung).

Analyse

Im Rahmen der Marketing-Analyse wird eine umfassende Informationsbeschaffung über die interne Situation der Musikschule sowie externe Faktoren durchgeführt. Dazu zählt beispielsweise die Frage nach vorhandenen Ressourcen (eigene Mittel, Personal, Kontakte über Eltern, potenzielle Sponsoren etc.), die Wettbewerbsanalyse und vor allem eine Untersuchung der Zielgruppen. Idealerweise wird eine Befragung unter den SchülerInnen und Eltern durchgeführt, um ein differenziertes Verständnis über diese Gruppen zu entwickeln.
Von besonderem Interesse ist darüber hinaus, Kenntnisse über jene Personen zu erreichen, die die Angebote der Musikschule nicht wahrnehmen. Nicht-Nutzer-Studien können in der Regel jedoch nur in Kooperation mit anderen Partnern (z. B. lokalen Schulen) durchgeführt werden. Auch sollte bei der Analyse die Entwicklung des Umfelds berücksichtigt werden. Mögliche Fragen sind beispielsweise:
– Welche Entwicklung der Nachfrage nach musikalischer Früherziehung lässt sich anhand der regionalen Geburtenrate prognostizieren?
– Welche Entwicklung der Schülerzahlen lässt sich in Zusammenhang mit der Ausweitung von Ganztagsschulen ableiten?
– Welche kommunalen Projekte (beispielsweise städtische Events) oder Aktionen örtlicher Schulen eignen sich für eine Kooperation?

Lesen Sie weiter in Ausgabe 3/2022.