Krötz, Cora

Du bist das Instrument

Musik machen – neu denken – bewusst erleben – kreativ gestalten. Ein Inspirationsbuch für Übende und Kreative, mit zwölf Impulsvideos

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Eigenverlag, Schrobenhausen 2022
erschienen in: üben & musizieren 3/2023 , Seite 58

Schlägt man das schön gestaltete Buch spontan auf Seite 51 auf, so nehmen einen Sätze gefangen wie: „Jetzt bist du im Herzen dieses Buches angelangt. Und ich freue mich wirklich sehr, dass du diese Zeilen hier liest. Die drei Schwingen liegen mir sehr am Herzen und sind die Essenz meiner lebenslangen Beschäftigung mit Musik. […] Denn genau diese heilige Absicht: Durch meinen musikalischen Weg wacher und bewusster zu werden, zu reflektieren was passierte und zum wesentlichen Kern des Lebens und dessen tiefstem Sinn durchzudringen, war immer mein eigentlicher Antrieb bei allem, was ich tat, und ist es bis heute.“
Die Stelle ist exemplarisch für ein Buch, das „bewusst nicht in Romanform angelegt, sondern eher wie eine Mischung aus einem Bild- oder Gedichtband, Roman und Prosatexten gedacht“ ist.
Damit sind Tonfall und Tenor des spirituell angehauchten und durchweg persönlich gehaltenen, nicht im mindesten von des reflexiven oder wissenschaftlichen Gedankens Blässe angekränkelten Buches vorgegeben, und mit ihnen auch eine Weise der Besprechung, die besser beraten ist, das Buch mit milden Anmerkungen für sich sprechen zu lassen als Maßstäbe anzulegen, die es nicht erfüllen kann und will.
Dass die hier entfalteten „Drei Schwingen der Übung“ – „Spielend lernen“, „Weiten“ und „Wirken“ – sich auch und besonders in einer achtsamen wie klugen, differenziell übenden Hingabe an die Sachansprüche von Musik ausbreiten und das Selbst weiten können, ist nicht Thema des Buchs, das sich ganz und gar im Gefilde einer intuitiven oder meditativen Musik- und Erfahrungspraxis bewegt.
Dabei blitzen freilich so schöne Formen eines „Rhythmus Üben(s) ohne Instrument“ durch Spazierengehen mit Bodypercussion auf wie im fünften Impulsvideo über QR-Code, die von Weitem an Edwin Gordons Rhythm Solfège erinnern und musikalisch zu differenzieren wären – wie umgekehrt das Video zum Flow eine Flussmeditation darstellt, in der das ausgearbeitete Konzept „Üben im Flow“ (Burzik, Csíkszentmihályi, Petrat u. a.) nicht einmal Erwähnung findet.
Richtig problematisch wird die auf inneres Empfinden, „Fühlen und Nachspüren“ fokussierte Zugangsweise dort, wo Schmerzen als „wirklich eine große Hilfe“ und „Wegweiser“ beim „Finden der eigenen Haltung“ apos­trophiert und pauschale Diagnosen und Lösungswege wie Loslassen und Vertrauen auf den eigenen Körper angeboten werden, ohne auf Körperschulungsmethoden, musikphysiologisch fundierte Anleitungs- und Übe­formen (Hildebrandt u. a.) und musikermedizinische Erkenntnisse zu verweisen.
„Gehe deinen Weg mit Freude“ heißt das letzte Video. Die Freude an dem Buch indes wäre eine größere, wenn hier eine fundiertere, musikbezogenere und weniger gefühlige Richtschnur zu den Themen Instrument und Leibkörper, Musik Üben als Sich Üben und „Neues Denken“ vorliegen würde.
Wolfgang Rüdiger