Klaus, Guido

Tastenforscher – ­Blattspieltraining von Anfang an

Noten, Intervalle und Rhythmus schnell erfassen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Holzschuh, Manching 2022
erschienen in: üben & musizieren 3/2023 , Seite 59

Der Pianist, Dirigent und Komponist Guido Klaus hat in der Reihe „Tastenforscher“ gemeinsam mit Martina Hussmann schon ein Heft mit Übungen zur Klaviertechnik und ein weiteres zur Liedbegleitung herausgegeben. Das dritte Heft der Reihe widmet sich dem Blattspieltraining. Hier geht es vor allem um das schnelle Erfassen des Notentextes. Zielgruppe sind SchülerInnen, die bevorzugt nach Gehör lernen und Defizite beim Spiel nach Noten zeigen. Da alles von Anfang an aufgebaut ist, lässt sich das Werk gut als Ergänzung zu einer Klavierschule im Bereich der Unterstufe einsetzen.
Sechs übersichtlich gestaltete Kapitel führen zur Orientierung auf der Tastatur (c und g werden in mehreren Oktaven behandelt), zu Intervallen, Grunddreiklängen, Versetzungszeichen und Ton­arten. Da die Hände oft alleine spielen, ist ein Üben nicht notwendig. Somit kann das Blattspieltraining jederzeit im Klavierunterricht eingesetzt werden.
Die zweihändigen Übungen im letzten Drittel klingen gut und sind angenehm prima vista zu spielen. Zudem bieten sie manchmal kleine rhythmische Finessen (Synkopen) und zudem unterschiedliche Tonarten und Skalen mit einigen Versetzungszeichen, was bei gängigen Anfängerschulen häufig erst viel später vorkommt.
Manche Klangstücke sind mit Pedal auszuführen. Bei diesen sind die Pedalangaben aber zu undifferenziert und führen zu einem klanglich eher unbefriedigenden Ergebnis, besonders da, wo in der Basslage mit der linken Hand Sekunden gespielt werden. Die Einführung des Rhythmus bei „Rhythmustraining 1“ ist sehr rudimentär und verlangt durchgängiges Mitzählen. Davon abgesehen, dass dies den meisten SchülerInnen schwerfällt, ist das auch eine überholte, wenig kreative Pädagogik. Es fehlen zudem Hinweise auf die natürlichen Schwerpunkte der jeweiligen Taktarten.
Viele der einstimmigen Melodien sind rhythmisch frei notiert und geben somit einen Freiraum für eigenständiges rhythmisches Gestalten. Auf dynamische Angaben hat Guido Klaus ganz verzichtet. Intervalle, melodisch und harmonisch, werden gründlich geübt. Es geht aber vor allem um das Erfassen mit den Augen, wobei das vom Autor erwähnte Vorauslesen große Bedeutung hat. Zum Klangcharakter der einzelnen Intervalle gibt es aber keine Hinweise. Der Ansatz „Lesen, hören und spielen“, für andere Instrumente wie Streicher oder Hörner eine Selbstverständlichkeit, fehlt hier.
Es wäre sicher für ein klangschönes Umsetzen der gut geeigneten Blattspielübungen hilfreich, weitere musikalische Parameter zur klanglich differenzierteren Gestaltung hinzuzunehmen. Das Blattspieltraining kann im Klavierunterricht besonders dann eingesetzt werden, wenn einmal nicht geübt werden konnte oder wenn man Grundlagen aus den Klavierschulen mit weiteren Materialien ergänzen möchte.
Christoph J. Keller