Krieger, Severin
1000 (Body-)Klänge
Ideen aus der Elementaren Musikpraxis zum vielschichtigen Musizieren mit Körperklängen
Das Elementare Musizieren mit Körperklängen bietet zahlreiche besondere Möglichkeiten und Qualitäten. Die folgende Ideensammlung soll Hilfestellung bieten für alle, die in und mit Gruppen musizieren – z. B. Instrumentalensembles, Orchester, Chöre, Kindergärten, Schulklassen oder EMP-Kurse – sowie für den instrumentalen und vokalen Einzelunterricht.
Body Music bzw. Bodypercussion bietet als Musizierform einige Besonderheiten. Zunächst haben wir alle den eigenen Körper als Instrument stets dabei; dadurch kann jederzeit mit flexiblen Gruppengrößen musiziert werden und auch alleine kann man immer und überall spontan klingen. Ungewohnte Rhythmen intensiv körperlich zu erfahren, kann darüber hinaus für InstrumentalistInnen von großer Hilfe sein; und die Umsetzung von überschäumender Bewegungsenergie in freudvolle Musik ist nicht nur in Schulklassen beliebt. Praxismaterialien zur Bodypercussion arbeiten häufig mit Sprechversen, Liedbegleitung, Rhythmusspielen oder traditionellen Percussion-Rhythmen. Im Internet gibt es etliche Mitspiel-Videos („Bodypercussion-Cover“), die man zum aktiven Musikhören oder als Reaktionsspiele nutzen kann.1 Auffällig oft wird dort rhythmisch/metrisch im 4/4-Takt gearbeitet und von den Musizierenden das Nachspielen vorgegebener Abfolgen erwartet. Und auch wenn dies bereits viele positive Effekte mit sich bringt und musikalische Lernfelder aktiviert, lohnt sich ein erweiterter Blick, um der Vielfalt von Körpermusik wirklich gerecht zu werden.
Aus diesem Grund sollen im Folgenden weitere Potenziale von Bodypercussion aus der Perspektive des Elementaren Musizierens gesammelt werden. Die Praxisideen werden angelehnt an Juliane Ribke2 in musikalische, körperlich/motorische und psychosoziale Zielebenen unterschieden und mit Beispielen illustriert. Eine Anpassung an eigene (Unterrichts-)Gruppen wird je nach Alter, Niveau und Anzahl der Mitglieder nötig sein. Als erste Anregung sollen die beiden Varianten des Sprechverses „1000 Klänge“ dienen (NB 1, Notenhals nach oben = rechte Hand, Notenhals nach unten = linke Hand): Die „entspannte“ Version a) (im Sitzen) ist auch für Vorschulkinder geeignet. Die „motivierte“ Version b) (im Stehen) dürfte auch Profis Konzentration abverlangen…
Fokus 1: Musikalische Ziele
Auf der Ebene der musikalischen Ziele sollte zunächst eine Verfeinerung des Gehörs angeregt werden in Form von bewusstem Lauschen und konzentriertem Horchen. Regelmäßige Momente des Zuhörens in Verbindung mit Gesprächen über Feinheiten der Klangerlebnisse bilden die Basis für klare und differenzierte Klangvorstellungen und erweitern das persönliche Klangrepertoire. Dies geht oft Hand in Hand mit dem individuellen oder gemeinsamen Erkunden von Klängen. Beispielsweise gibt es viele verschiedene Arten zu klatschen und fast jede Klatschtechnik kann in sich variiert werden (siehe „Clap & Snap“).
In der Gruppe lohnt es sich, die gewünschte Klangqualität zu konkretisieren, anstatt einfach nur irgendwie zu klatschen. Schon beim einfachen Flachhand-Klatschen lässt sich durch leichte Positionsänderungen der Handflächen und durch mehr oder weniger gebeugte Hände eine große Bandbreite unterschiedlicher Tonhöhen erzeugen.
Klang-Explorationen können mit musikalischen Grundphänomenen angeregt werden („Wir suchen möglichst leise/dunkle/kurze Körperklänge“) oder mit speziellen Spielweisen („Welche Klänge findet ihr mit dem rechten Zeigefinger auf der linken Hand?“). Dabei kann ausgiebig ohne Tempo experimentiert werden oder neue Klänge werden in eine musikalische Form eingebunden (z. B. bei NB 1a „Alle Klatscher als Rückhandklatscher spielen“ oder „Die Tonhöhen von 1b ausschließlich mit den Händen umsetzen“). Auf diese Weise wächst das Repertoire musikalischer Klangvorstellungen sowie der eigenen Körperklänge und ermöglicht zunehmend einen individuellen, künstlerischen Ausdruck.
1 z. B. Uptown Funk von Bruno Mars: https://youtu.be/uzXpvILRMog, Rondo Alla Turca von Wolfgang Amadeus Mozart: https://youtu.be/w7VCpXK6_Ts, Ghostbusters von Ray Parker Jr. https://youtu.be/AzBT8BkpfYY (Stand: 7.1.2025).
2 vgl. Ribke, Juliane: Elementare Musikpädagogik. Persönlichkeitsbildung als musikerzieherisches Konzept, Regensburg 42010.
Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2025.