Cirri, Giovanni Battista
6 Sonaten op. 11
für Violoncello und Basso continuo, hg. von Wolfgang Birtel
Außerhalb der Kniegeigen-Community ist Giovanni Battista Cirri weithin unbekannt. Innerhalb derselben steht er für eingängige, gut spielbare, von melodischer Frische geprägte Cellomusik, stilistisch der seines Landsmanns Boccherini nahestehend, von deren halsbrecherischen technischen Anforderungen indes weit entfernt. Seine Ausbildung erhielt der 1724 in Forlì geborene Giovanni Battista Cirri zunächst bei seinem Bruder und später in Bologna beim berühmten Padre Giovanni Battista Martini, dessen Unterricht auch Mozart während seiner Italienreisen genoss. Zu einer direkten Begegnung zwischen Mozart und Cirri kam es ebenfalls: Beim ersten und beim letzten Londoner Konzert des Salzburger Wunderknaben trat Cirri jeweils als Solist auf. Bereits seit 1759 diente Cirri dem Herzog von York als Kammervirtuose, später avancierte er zum „Music Master to His Royal Highness The Duke of Cloucester“. 1780 kehrte Cirri nach Italien zurück und amtierte bis zu seinem Tod 1808 als Kapellmeister in seiner Heimatstadt.
Bislang waren Cirris Sonaten op. 11 nur zum Teil in modernen Ausgaben greifbar. Die Neuedition der Ponticello Edition bietet erstmals den gesamten Zyklus. Cirri schrieb die Werke dezidiert für Lernende. Das Titelblatt der 1775 publizierten Erstausgabe trägt den Vermerk „In an easy Pleasing Taste proper for Young Practitioners on that Instrument“. Sie enthält lediglich die Solostimme mit unterlegtem unbezifferten Continuo-Part, keine „Klavierstimme“ im heute geläufigen Sinn. Im Unterschied hierzu umfasst Birtels Edition eine ebenso sparsam wie kompetent gefertigte, farbig klingende Aussetzung für Klavier/Cembalo, außerdem zwei identische Spielpartituren, die sich nur darin unterscheiden, dass die Notengröße auf den jeweiligen Spieler der Solostimme einerseits und der Continuostimme andererseits ausgerichtet ist.
Ohne im strengen Sinn progressiv aufgebaut zu sein, signalisiert Cirris Sonatenzyklus eine intendierte Lernentwicklung: Ausgehend von C-Dur werden die nächsten Schritte des Quintenzirkels folgerichtig durchschritten. Die Sonaten 2 bis 5 stehen in G-Dur, F-Dur, D-Dur und B-Dur. Zugleich steigern sich die technischen Anforderungen behutsam: Zwar überschreitet der Tonraum nirgends das eingestrichene g, das heißt den Endpunkt der 4. Lage auf der A-Saite. Figurenwerk und melodische Verläufe der Solostimme werden indes von Sonate zu Sonate raffinierter. Die 6. Sonate steht wiederum in F-Dur, hier ist der Solopart fast durchweg im Tenorschlüssel notiert – keineswegs nur zum Zweck des „Schlüsselerlernens“, sondern als Ausdruck einer Verortung des Soloparts in einem insgesamt deutlich höheren Register. – Diese Edition der Cirri-Sonaten bietet Lernenden und Lehrenden in Sachen Cello ein reiches Betätigungsfeld.
Gerhard Anders