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Bauchrowitz, Frank

Achtung, Kamera!

Konzerte filmen und ins Internet hochladen – darf man das eigentlich?

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 5/2018 , musikschule )) DIREKT, Seite 10

Jeder hat das schon einmal erlebt: Bei einem Konzert hält ein Zuhörer plötzlich sein Handy hoch und filmt unbedarft den Auftritt. Oder die Musikschulleitung lässt vor dem Musikschulkonzert einfach eine Kamera aufbauen und den Auftritt aufnehmen. Die Freude vieler Musikerinnen und Musiker darüber, ungefragt in einem Film verewigt zu sein, hält sich allerdings oft in Grenzen. Vor allem, wenn die Aufnahme hinterher im Internet zu finden ist. Doch ist das Filmen und Hochladen überhaupt erlaubt?

Diese Frage, so einfach sie klingt, ist juristisch vielschichtig. In diesem Beitrag werde ich auf Aspekte des Urheberrechts, des Leistungsschutzrechts und der Rechte am eigenen Bild eingehen. Darüber hinaus spreche ich Probleme der DSGVO an.

Urheberrechte am Werk

Wer ein Konzert filmt, stellt aus urheberrechtlicher Sicht eine Vervielfältigung des Werks nach § 16 Abs. 2 UrhG her. Sind die im Konzert dargebotenen Werke noch nicht gemeinfrei – das heißt, die an dem Werk Beteiligten sind noch nicht mehr als 70 Jahre tot –, muss die Erlaubnis des oder der Werkschöpfer vorliegen. Andernfalls stellt das Mitfilmen eines Konzerts grundsätzlich eine Urheberrechtsverletzung dar, die strafbar ist und zusätzlich zivilrecht­liche Ansprüche auslösen kann.
Von diesem Grundsatz weicht das Urheberrechtsgesetz nur in ganz wenigen Ausnahmen ab. So ist das Aufnehmen von nichtöffentlichen Konzerten auch ohne Ein­willigung der Berechtigten erlaubt, wenn die Aufnahmen lediglich zum privaten Gebrauch des Filmers bestimmt sind (§ 53 Abs. 1 UrhG, sogenannte Privatkopie). Der filmende Konzertbesucher oder die Musikschulleitung darf also nicht die Absicht haben, die Konzertmitschnitte zu verkaufen oder im Rahmen der eigenen Erwerbstätigkeit (zum Beispiel für den Unterricht) zu nutzen.
Die Voraussetzung „nichtöffentliche Konzerte“ zieht den Anwendungsbereich dieser Ausnahme noch enger. Denn „nichtöffentlich“ sind nur interne Klassenvorspiele, Hauskonzerte, geschlossene Proben etc. Öffentlich sind aber zum Beispiel das Musikschulvorspiel (mit unbestimmtem Pub­likum) sowie Schul- oder Vereinsfeste.
Wer unter den Voraussetzungen der Privat­kopie legal einen Konzertmitschnitt von nichtgemeinfreien Werken hergestellt hat, ist jedoch nicht befugt, diese ohne Erlaubnis (Lizenz) der Rechteinhaber auf der eigenen Website oder auf sozialen Netzwerken wie Facebook hochzuladen (§ 53 Absatz 6 UrhG). Wer es dennoch tut, begeht eine Urheberrechtsverletzung, die zu kostspieligen Abmahnungen führen kann. Das Herstellen eines Videos ist also unter den Bedingungen der Privatkopie erlaubt, das Hochladen ins Internet hingegen nicht.

Lizenzmöglichkeiten

Für den Upload von nichtgemeinfreien Werken auf der eigenen Website kann aber eine Lizenz bei der GEMA erworben werden. Für den Upload von nichtgemeinfreien Werken bei YouTube hingegen ist eine Lizenz derzeit nicht notwendig. Diese dür­fen gemäß der Einigung zwischen GEMA und YouTube vom 1. November 2016 bei YouTube hochgeladen werden, wobei YouTube die Gebührenzahlung übernimmt. Diese Einigung gilt allerdings zunächst nur noch bis Oktober 2018.
Zu beachten ist jedoch hinsichtlich beider Lizenzen: Die hochgeladenen Werke dürfen nicht bearbeitet sein. Nur sogenannte „Coverversionen“ (also möglichst werk­getreue Interpretationen) sind für den Up­load zulässig. Das bedeutet, dass die Stilrichtung der Komposition nicht verändert werden darf. Nichtoriginale Instrumente dürfen in einer Coverversion nur eingesetzt werden, wenn die Komposition unbearbeitet bleibt und sich keine andere ästhetische Aussage ergibt.
Fazit: Es ist aus urheberrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht erlaubt, Konzertmitschnitte von Darbietungen fremder (nicht­gemeinfreier) Werke auf der eigenen Website ohne Lizenz hochzuladen. Eine solche Lizenz kann aber für unbearbeitete Werke bei der GEMA erworben werden. Der Up­load von unbearbeiteten Werken auf YouTube bedarf zurzeit keiner Lizenz, ist also zulässig.

Leistungsschutzrechte

Liegt eine urheberrechtliche Lizenz zur Nutzung der Werke vor oder sind die aufgeführten Werke gemeinfrei, muss zusätzlich beachtet werden, dass derjenige, der ein Konzert filmt und die Datei auf der eigenen Website oder bei YouTube hochlädt, auch über die Leistungsschutzrechte an der Aufnahme verfügen muss. Auch Verstöße gegen die Leistungsschutzrechte sind strafbar und können zivilrechtliche Ansprüche auslösen.
Leistungsschutzrechte erwirbt nach dem Urheberrechtsgesetz derjenige, der zur äußeren Formgebung des Werks beigetragen hat. Bei der Aufführung von Musikwerken betrifft dies in erster Linie die Musikerinnen und Musiker und eventuell den Ensembleleiter. Zu beachten ist aber, dass ­daneben auch der Veranstalter Leistungsschutzrechte erlangt. Veranstalter ist in der Regel, wer die Veranstaltung wirtschaftlich und organisatorisch verantwortet. Sowohl von den beteiligten Musikern und dem Ensembleleiter als auch vom Veranstalter muss also, wenn eine (Film-)Aufnahme eines Konzerts gemacht werden soll, jeweils eine Erlaubnis hierzu vorliegen. Darüber hinaus bedarf es jeweils einer gesonderten Erlaubnis, diese Aufnahmen auf einer Web­site oder bei YouTube hochzuladen.
Die Grundsätze des Urheberrechts hinsichtlich der Privatkopie für nichtöffent­liche Aufführungen gelten sinngemäß auch für die Leistungsschutzrechte. Das Aufnehmen von nichtöffentlichen Konzerten auch ohne Einwilligung der Berechtigten ist also aus leistungsschutzrechtlicher Sicht dann erlaubt, wenn die Aufnahmen lediglich zum privaten Gebrauch des Filmers bestimmt sind. Das Hochladen der Aufnahmen auf der eigenen Website, einer Videoplattform wie YouTube oder auf sozialen Netzwerken wie Facebook ist jedoch auch hier gesetzlich ausgeschlossen, sofern nicht die oben erwähnten Einwilligungen der Beteiligten vorliegen.
Tritt also beispielsweise ein Jugendorchester auf und möchte jemand Filmaufnahmen von diesem Konzert machen und diese später bei YouTube hochladen, muss ihm von jedem einzelnen Musiker (bzw. dessen Erziehungsberechtigten) und dem Veranstalter vorher eine Erlaubnis vorliegen. Ansonsten werden deren Leistungsschutzrechte verletzt. Zusätzlichen müssen auch die obigen Ausführungen zu den Urheberrechten beachtet werden, sofern nicht ausschließlich gemeinfreie Werke aufgeführt werden.
Fazit: Sind die urheberrechtlichen Fragen geklärt, muss der Hersteller einer Film­aufnahme zusätzlich die Leistungsschutzrechte für die Aufnahme und den Upload bei den am Konzert Beteiligten einholen. Soll nur eine Aufnahme zu privaten Zwecken von nichtöffentlichen Konzerten erfolgen, ist dies auch ohne Einwilligung möglich. Die Aufnahme darf jedoch nicht ohne Einwilligung der Beteiligten ins Internet hochgeladen werden.

Rechte am eigenen Bild

Doch damit nicht genug. Bei einer Videoaufnahme von Musikdarbietungen ist juristisch ein weiterer Bereich betroffen, nämlich das Recht am eigenen Bild. Dieses richtet sich nach den §§ 22 und 23 des Kunsturhebergesetzes (KUG). Es schützt das Recht von Personen, selbst darüber entscheiden zu dürfen, ob Bild- oder ­Videoaufnahmen von ihnen veröffentlicht werden oder nicht.
Grundsätzlich bedarf demnach (§ 22 S. 1 KUG) jede Veröffentlichung von Bildnissen einer Person der Einwilligung des oder der Abgebildeten (bei Kindern durch deren Erziehungsberechtigte, Jugendliche können ab dem 16. Lebensjahr selbst entscheiden). Bei Videos von Konzerten sind die Musiker und der Ensembleleiter, eventuell auch das Publikum betroffen. Eine Einwilligung der Abgebildeten zur Veröffentlichung der Bilder kann sich aus den Umständen ergeben und muss nicht zwangsläufig schriftlich erfolgen. Da der Fotograf oder Filmer jedoch beweispflichtig für die Einwilligung ist, wäre dies ratsam. Dabei sollte die Art der späteren Verwendung (hier: Hochladen ins Internet) so genau wie möglich beschrieben werden. Ein Verstoß gegen das KUG ist strafbar.
Von der Einwilligungspflicht gibt es Ausnahmen, die in § 23 Abs. 1 KUG geregelt sind. Die relevanteste Ausnahme besteht in der Erlaubnis, das Publikum oder eine größere Gruppe von Musikern (z. B. einen Chor oder ein Orchester) ohne Einwilligung zu filmen, sofern nicht einzelne Personen fokussiert werden. Für alle anderen Fälle ist das Einholen einer schriftlichen Einwilligung zur Veröffentlichung der Videoaufnahmen aber der juristisch sicherste Weg.
Fazit: Bei der Herstellung von Videoaufnahmen von Konzerten ist auch das Recht am eigenen Bild bei allen Beteiligten betroffen. Eine Veröffentlichung solcher Aufnahmen ohne die Einwilligungen der Abgebildeten ist unzulässig, wenn nicht eine der Ausnahmen des KUG greift. Die Einwilligung sollte schriftlich unter Nennung des geplanten Verwendungszwecks eingeholt werden.

Datenschutzgrundverordnung

Die kürzlich in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erschwert das Herstellen und Hochladen von Konzertvideos weiter. Zumal hier zum aktuellen Zeitpunkt noch viele Fragen offen sind.
Grundsätzlich gilt Folgendes: Die Anfertigung digitaler Fotos und Videos, auf denen Personen zu erkennen sind, gelten als Datenverarbeitung. Ohne Einwil­ligung der abgebildeten Personen dürfen künftig nur noch Mitglieder der „institutionalisierten“ Presse und des Rundfunks solche Fotos und Videos anfertigen und veröffentlichen. Dasselbe gilt für Personen, die die Aufnahmen ohne Bezug zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit (also ausschließlich zu persönlichen Zwecken) anfertigen. Jeder andere Fotograf oder Filmer benötigt eine Einwilligung der abgebildeten Personen (bei Kindern und Jugendlichen: von den Erziehungsberechtigten), damit er Fotos anfertigen, speichern, weitergeben und nutzen darf.
Damit sind auch Musikschulen und Musikvereine betroffen, die Videos oder Fotos von Auftritten auf ihrer Website veröffentlichen möchten. Für die Situation bei Konzerten bedeutet dies, dass Fotografen und Filmer, die nicht von der institutionalisierten Presse stammen oder als Privatperson anwesend sind, von allen Personen, die gefilmt oder fotografiert werden sollen, eine Einwilligung zur Datenverarbeitung einholen müssen. An diese werden hohe Anforderungen gestellt.*
Die Einholung der Einwilligungen ist in der Praxis, gerade hinsichtlich eines zu filmenden Publikums, kaum umsetzbar. Der sicherste Weg wäre die schriftliche Einwilligung aller abgebildeten Personen. Hier stößt man jedoch bei Konzerten schnell an Grenzen. Es liegt daher nahe, nach anderen Lösungen zu suchen. Ob aber zum Beispiel für Musikschüler die pauschale Einwilligung für alle zukünftigen Auftritte oder hinsichtlich des Publikums Aushänge bei Konzerten ausreichen, die auf die Anfertigung von Fotografien und Videoaufnahmen und für alle Anwesenden auf eine unterstellte Einwilligung hinweisen, ist noch ungeklärt.
Noch komplizierter wird die Angelegenheit, wenn nicht alle bei einem Konzert anwesenden Personen die Einwilligung erteilen. In solchen Fällen könnten diese Personen bei den Konzerten optisch gekennzeichnet werden. Sportvereine tun dies angeblich durch farblich unterschiedliche Trikots. Eine Erleichterung für das datenschutzkonforme Fotografieren und Filmen wird hiermit aber sicher nur sehr begrenzt erreicht und lässt sich auf die Situation bei Konzerten nur bedingt übertragen.
Bei Verstößen gegen die DSGVO muss der Videofilmer mit Bußgeldern, Abmahnungen, Untersagungen und Schadenersatzforderungen rechnen.
Fazit: Wer Videoaufnahmen von Vereins- oder Musikschulkonzerten ins Internet hochladen möchte, benötigt grundsätzlich eine datenschutzrechtliche Einwilligung aller gezeigten Personen. Dies gilt nicht für Vertreter der institutionalisierten Presse und für Personen, die die Aufnahmen lediglich zu privaten Zwecken anfertigen. Die Einwilligung sollte von allen gezeigten Personen sicherheitshalber schriftlich eingeholt werden.

* zu den Voraussetzungen: www.lda.bayern.de/media/oh_einwilligung.pdf (Stand: 28.8.2018).