Herbst, Sebastian

Agenda X zur Sicherung der Musikschularbeit

Der Kommentar

Rubrik: Kommentar
erschienen in: üben & musizieren 6/2020 , Seite 37

Dieses Musikschuljahr hat uns alle vor große Herausforderungen gestellt. Die pandemiebedingten Einschränkungen haben die Durchführung üblicher Angebote erschwert oder unmöglich gemacht und die Qualität der Musikschularbeit stellenweise gefährdet. Die notwendigen Einschränkungen trafen und treffen Formate des gemeinsamen Musizierens in besonderer Weise. Wie es weitergehen wird, ist und bleibt zurzeit unklar. Klar ist aber, dass zur Sicherung und Wiederherstellung der qualitätvollen Musikschularbeit in ihrer ganzen Breite in den nächsten Jahren zusätzliche Anstrengungen erforderlich sein werden.
Die Sicherung der Musikschulen gegen Corona-Folgen sowie die Stärkung von Strukturen und Zukunftsfähigkeit standen auch im Mittelpunkt der Hauptarbeitstagung und Trägerkonferenz des VdM am 2. und 3. Oktober 2020, aus der die „Koblenzer Erklärung“ sowie ein Positionspapier zur Personalentwicklung und Nachwuchsgewinnung hervorgegangen sind. In der Erklärung wird deutlich formuliert, dass das Angebot musikalischer Bildung sowie der Zugang zu musikalischer Bildung für alle durch die Folgen der Corona-Pandemie gefährdet ist, die Musikschulen erheblichen Belastungen ausgesetzt sind und auf diese Weise „die Existenz eines wesentlichen Pfeilers für Zusammenhalt und Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft auf dem Spiel“ steht.
Auch seit der schrittweisen Wiederöffnung kann nur ein Teil der Schülerinnen und Schüler mit einem Ausschnitt des Musikschulangebots erreicht werden. Formate gemeinsamen Musizierens und die zahlreichen Kooperationen mit Kitas, Schulen etc. sowie frühkindliche Angebote, die als Basis und Orientierungsmöglichkeit für anschließenden Instrumental-, Vokal- und Ensembleunterricht notwendig sind, können zum Teil nicht durchgeführt werden.
Dass ein eingeschränktes Musikschulangebot gleichermaßen finanzielle Engpässe mit sich bringt, liegt auf der Hand. Finanzielle Unterstützungsangebote des Bundes berücksichtigen Musikschulen aber nicht, da diese durch eine Ausrichtung auf Akademien und Fortbildungseinrichtungen oder auf allgemeinbildende Schulen durch das Raster fallen. Der VdM fordert daher vom Bund und von den Ländern eine den allgemeinbildenden Schulen vergleichbare Unterstützung der Musikschulen im Digitalpakt sowie eine Förderung der Musikschularbeit durch die Länder, in der die finanzielle Verantwortung fair zwischen Land, Kommune und Eltern aufgeteilt ist. Zusätzlich hält der VdM einen „Strukturfonds für die Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie“ bis mindestens 2023 sowie einen zusätzlichen „Stabilisierungsfonds“ für Betriebs- bzw. Personalkosten für notwendig. Die Kommunen werden hingegen hinsichtlich ihrer finanziellen Unterstützung und der Trendwende weg von Honorarverträgen gelobt. Ziel muss jedoch die Weiterverfolgung des „Stuttgarter Appells“ von 2017 sowie die Anpassung der am Lehrkräftemangel deutlich werdenden nicht angemessenen Vergütung sein.
Die wichtige Bedeutung des Personals wird im Positionspapier zur Personalentwicklung und Nachwuchsgewinnung besonders deutlich: „Öffentliche Musikschulen können nur dann ihrem Auftrag als musika­lische Bildungsinstitution und Netzwerke in der kommunalen Bildungslandschaft gerecht werden, wenn die wichtigste Ressource in der musikalischen Bildungsarbeit, das musikpädagogische Personal, mit höchster Qualität, in ausreichender Quantität und hohem Motivationsgrad ein zeitgemäßes Musikschulangebot sichert und weiterentwickelt.“
Neben einem Anstellungsverhältnis mit angemessener Bezahlung betont der VdM hier die Bedeutung künstlerischer und pädagogischer Fort- und Weiterbildungen als „die zentralen Bausteine der Qualitätssicherung von Musikschule“. Zudem sollen im Rahmen einer gemeinsamen Kampagne mit anderen Musikverbänden stärker Chancen genutzt werden, Kinder und Jugendliche als Nachwuchs für musikpädagogische Berufe zu begeistern. Und nicht zuletzt möchte sich der VdM für eine angemessene Zahl musikpädagogischer Studienplätze einsetzen, in denen der Pädagogik der gleiche Stellenwert wie den instrumentalen/vokalen Hauptfächern zugesprochen wird und bei denen stärker noch diejenigen Kriterien zulassungsentscheidend sein sollen, die für die musikpädagogische Praxis von Bedeutung sind. Die Gespräche über die Festlegung solcher Kriterien dürften zu spannenden Diskussionen führen.
Nun steht die Weihnachtszeit vor der Tür, die eigentlich von zahlreichen Klassenvorspielen und Weihnachtskonzerten geprägt ist. Sicher haben Sie schon motivierende Alternativen für Ihre Schülerinnen und Schüler entwickelt. Hoffen wir aber, dass wir im nächsten Jahr wieder mehr gemeinsam musizieren können – und lassen Sie uns die Agenda X zur Sicherung der Musikschularbeit mit allen ihren heute noch Unbekannten gemeinsam erarbeiten und verfolgen.

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