Kölz, Sabine

Akkordi Kids

Akkordeon-Schulwerk zum Klassenmusizieren, Band 1

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Holzschuh, Manching 2007
erschienen in: üben & musizieren 3/2008 , Seite 58

„Schulwerk zum Klassenmusizieren“: Diese Begriffspaarung wäre sicherlich Anlass für heiße Diskussionen. Der Rezensent gehört zu den Skeptikern dieser musikpädagogischen Modeerscheinung. Evaluiert sind diese Praktiken ohnehin nicht.
Diese musikpädagogische Welle, bei deren Ausbreiten das Akkordeon weniger, eher Bläser und Streicher im Zentrum stehen, bedarf eines Schulwerks auch zur Legitimation. Nun hat man es bei Akkordi Kids mit einer Vorlage zu tun, die von erheblichem Sachverstand und methodischem Können zeugt. Die grafische Aufmachung ist kindgerecht, könnte sogar schon für Sechsjährige geeignet sein, die Vorgehensschritte sind altersgerecht klein und lassen kaum Lücken in den ausgewählten Stoffbereichen. Die Einteilung in Stundenbilder ist ähnlich der Musikalischen Grundausbildung oder Früherziehung für große Gruppen das stimmige Mittel.
Dem fragwürdigen Zweck geopfert ist der sehr späte Einstieg in das Spiel im Manual 2 (ab dem 17. Stundenbild von 30). Der frühe Einstieg wäre um so wichtiger, als dem Akkordeonspiel –motorisch betrachtet – die vielfältige Koordination zwischen linker und rechter Hand wesentlich angehört. Das Aussparen des fünften Fingers links – wahrscheinlich zurecht nicht „massengeeignet“ – ist zu bedauern. Ebenso ist die zur automatischen Handlung führende Vor-Nachschlags-Begleitung im Manual 2 in diesem Heft vorgezeichnet. Auf eine frühe differenzierte Behandlung der linken Hand mit der damit verbundenen gehörsbezogenen Sensibilisierung wird in diesem Band kaum eingegangen.
Die größte Opfergabe stellt die Balgbehandlung dar. Der Begriff „Balg“ taucht nur zweimal auf, und zwar bei der Erklärung der Balgwegzeichen „Balg aufziehen“ und „Balg zudrücken“. Deshalb fehlt auch die für ein Balg-Feeling unabdingbare dynamische Differenzierung, vom Tonschluss mit dem Balg am Stückende gar nicht zu reden. Nichts mit dem „Klassenmusizieren“ als Erschwernisvorgabe zu tun hat die fürderhin bestehende Frage nach dem ersten Ton im Manual 1. Der Beginn mit c’ erfordert ohne Einführung den sehr anstrengenden spitzwinkligen Ober-/ Unterarm. Zugegebenermaßen gibt es nur wenige Schulwerke, die hier Rücksicht nehmen (wie z. B. die alte Schule von Frühauf/Luck: Beginn mit c”). Das Vorbild für Melodien mit zwei Tönen (Stundenbilder 4/5) bleiben vergleichsweise deutlich die 50 einstimmigen Kinderreime der Chorschule von Zoltán Kodály.
Die Kritikpunkte gelten zuvörderst dem niedrigen Qualitätslevel des „Klassenmusizierens“, das hier zur Verbrämung des Instrumentalunterrichts herhalten muss. Bei seriösen Vorgaben für die Verfasserin wäre ihre Akkordeonschule inhaltlich vorbildlich.
Maximilian Schnurrer