Thielemann, Kristin

Allein unter Schweizern

Eine Exil-Schleswig-Holsteinerin über das Leben an einer ­Schweizer Musikschule

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 3/2013 , Seite 48

Die Schweiz – das kleine, sympathische Land im Herzen Europas, wo die Berge noch von alphornspielenden Eidgenossen besiedelt sind, an Sonn­tagen der Musikverein “Helvetia Alperöösli” beim Dorffest aufspielt und man an der Musikschule Fächer wie Schwyzerörgeli, Hackbrett, Panflöte und Jodeln belegen kann.

Auf in die Schweiz zu meinem Freund (heute: Ehemann) hieß es für mich im Dezember 2007, als ich im achten Schwangerschaftsmonat mit 55 Umzugskartons und zwei norddeutschen Hauskatern die fast eintausend Kilometer lange Reise in den Süden antrat. Meine Stelle an der Lübecker Musikschule hatte ich schweren Herzens gekündigt und bei den Lübecker Philharmonikern begannen zunächst mein Mutterschutz und die Elternzeit. Die Schweiz „auf Probe“ war mein Ziel. Erst einmal sehen, ob es mir in diesem fremden Land gefällt, durch das ich als Zehnjäh­rige ein einziges Mal durchgefahren war – und zu dem ich immer noch die Worte meine Mutter hörte: „Wir machen nur eine kurze Rast in der Schweiz. Dort gibt es Berge! Und alles ist so teuer, dass ich uns lieber ein paar Butterbrote von daheim mitnehme!“
Auch wenn es mir nach meinem Umzug wie ein Kulturschock vorkam: Ich bin hier geblieben. Und arbeite mittlerweile seit drei Jahren an einer Musikschule, die mir oft vorkommt wie ein Abziehbild aller Klischees, die wir Deutsche über die Schweiz haben: Alle dürfen mitreden, die Uhren ticken noch ein wenig genauer als anderswo und man kann mit Geld umgehen.

Schweizer Verhältnisse

Doch von vorne: Wegen meiner Kinder arbeite ich derzeit nur etwa 20 Prozent an einer Musikschule mit rund 1500 SchülerInnen. Es gibt dort einen Musikschulleiter, der nicht nur Musik- und Primarlehrer ist, sondern ein ziemlich umfangreiches Musikschulleiterstudium, eher vergleichbar mit einer Managementausbildung, hinter sich hat.
Ich empfinde es als Vorteil, dass die Musikschule nicht nur verwaltet, sondern gestaltet wird. Pro Semester findet ein Lehrerkonvent statt. Einmal jährlich hat man Unterrichtshospitationen bei anderen Lehrkräften schrift­lich zu dokumentieren und abzugeben, ebenso hat man an einer Fortbildung pro Jahr teil­zunehmen (mit Dokumentationspflicht!). Es gibt eine wöchentlich stattfindende Schülerkonzertreihe, ein eigenes Tonstudio, eine gut sortierte Musikschulbibliothek und den Schulzweig „Begabtenförderung Musik“ ab Schulklasse 7 – alles vor Ort! Nicht zu vergessen die „Musikalische Grundschule“, also musikalische Früherziehung in den Schul­unterricht integ­riert, von Musikschullehrkräften erteilt.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 3/2013.