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Bauchrowitz, Frank

Alles verboten?

Musik kopieren, aufführen, downloaden: eine neue Broschüre gibt Tipps

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 3/2016 , musikschule )) DIREKT, Seite 02

Folgende Frage stellt sich wohl jeder Musiker und jede Musikerin regelmäßig: „Ist das juristisch überhaupt zulässig, was ich da tue?“ Eine neue Broschüre von Rechtsanwalt Frank Bauchrowitz gibt kurz und knapp Tipps, was im Umgang mit fremder Musik juristisch zulässig ist.

Viele Musikerinnen und Musiker kommen irgendwann an den Punkt, an dem sie unsicher sind, ob sie mit ihrem Handeln juristisch im „grünen Bereich“ sind oder ob sie sich bereits in der Grau- oder Verbotszone bewegen. Juristische Fragen werden im Musikbereich oftmals aus dem Bauch heraus beantwortet oder manchmal auch ganz verdrängt.
Niemand möchte sich juristisch unkorrekt verhalten. Aber ebenso wenig möchten sich Musikerinnen und Musiker in der eigenen Kreativität von juristischen Vorschriften eingrenzen lassen. Schon gar nicht vom komplizierten deutschen Urheberrecht. Allerdings waren die Medien in den vergangenen Jahren voll von Meldungen, die auf die Abmahnwellen von Rechtsanwaltskanzleien hinwiesen. Die Unsicherheit unter den praktizierenden Musikerinnen und Musikern wuchs stetig.

Herausforderung Urheberrechtsgesetz

Wer als juristischer Laie willens ist, sich das Urheberrechtsgesetz zur Hand zu nehmen, um in Erfahrung zu bringen, was erlaubt ist und was nicht, steht vor einer großen Herausforderung. Viele Paragrafen sind nur schwer verständlich und sehr allgemein formuliert. Die Möglichkeiten der legalen Werknutzung ohne gesonderte Erlaubnis der Urheber sind oft versteckt. Es gibt im Gesetz viele verwirrende Querverweise. Wie soll sich ein Laie hier zurechtfinden? Das Gefühl, mit einem Urheberrechtsverstoß einen großen Fehler zu begehen, wird spätestens dann erzeugt, wenn in § 106 Abs. 1 UrhG folgender Wortlaut entdeckt wird, der diesmal sehr klar und eingängig ist: „Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Was darf ich ohne Erlaubnis?

Die neue Broschüre Musik kopieren, aufführen, downloaden – Alles verboten? setzt deshalb bei folgenden Fragen an: „Was darf ich ohne die Erlaubnis des Rechteinhabers alles mit einem Werk machen?“ und „Wie komme ich in den übrigen Fällen an eine (gegebenenfalls kostenpflichtige) Erlaubnis, um das Werk zu nutzen?“
In fünf Teile untergliedert werden systematisch die für Musikerinnen und Musiker in der Praxis relevanten Themenbereiche dargestellt. Jeder Teil wird durch kurze allgemeine Anmerkungen zu den juristischen Grundsätzen des Nutzungsbereichs eingeleitet. Anschließend wird weiter untergliedert in Nutzungsarten (z. B. Noten kopieren, Noten abschreiben) und gegebenenfalls Nutzungskontext (z. B. private Nutzung, Unterricht an einer Musikschule, Hochschule oder allgemein bildenden Schule). Was erlaubt ist, wird genau erläutert; natürlich auch, was verboten ist.

Checklisten und ­Begriffsdefinitionen

Am Ende jedes Abschnitts gibt es jeweils eine Checkliste, die die Leserinnen und Leser Schritt für Schritt abarbeiten können, wenn sie ein Werk auf eine bestimmte Art legal nutzen möchten. Zudem sind die Wege genannt, die gegangen werden müssen, wenn eine Erlaubnis (Lizenz) für die Nutzung eines Werks notwendig ist. Die Broschüre enthält aber an den jeweils relevanten Stellen auch genaue Begriffs­definitionen. So wird beispielsweise erläutert, was „gemeinfrei“ bedeutet, wie lange die Schutzfristen laufen und wie diese berechnet werden sowie wann von einer „öffentlichen Aufführung“ auszugehen ist.

Noten vervielfältigen

Zunächst wird umfassend darauf eingegangen, in welchen Fällen Noten vervielfältigt werden dürfen. Es wird beschrieben, wann Noten fotokopiert oder abgeschrieben werden dürfen oder auch wann man sie scannen darf. Zusätzlich wird erläutert, welche Voraussetzungen heruntergeladene Noten aus dem Internet erfüllen müssen, damit man sie ohne gesonderte Erlaubnis nutzen darf. Darüber hinaus wird auch immer erläutert, in welchen Kontexten die Noten dann (gegebenenfalls in welchem Umfang) verwendet werden dürfen, also ob nur ein privater Einsatz möglich ist oder ob die Kopien auch im Unterricht oder für eine öffentliche Aufführung verwendet werden dürfen. Für die Fälle, in denen das Gesetz keine freie Nutzungsmöglichkeit vorsieht, wird auf die Wege zum Erwerb einer Lizenz eingegangen, also zum Beispiel auf die Möglichkeiten und den Umfang einer Lizenz durch die Verwertungsgesellschaft Musikedition.

Texte vervielfältigen

Auch die Fälle, in denen Texte (keine Lied­texte!) lizenzfrei verwendet werden können, wurden in die Broschüre mit aufgenommen, da die Frage nach den Nutzungsmöglichkeiten von Texten oft im Zusammenhang mit denen von Noten auftritt, beispielsweise in Musikhochschulen, allgemein bildenden Schulen und im privaten Bereich.

Musik aufführen und abspielen

Im dritten Teil geht es um die öffentliche Aufführung oder das Abspielen von Kompositionen. In diesem Rahmen wird zunächst erklärt, wann das Gesetz überhaupt von einer öffentlichen Aufführung ausgeht, weil die urheberrechtlichen Beschränkungen nur für diesen Bereich gelten. Anschließend wird auf praxisrelevante Einzelfälle eingegangen, z. B. das Aufführen von Musik bei Konzerten, in Discos, bei Familienfeiern und bei Hauskonzerten. Selbstverständlich wird auch in diesem Teil erläutert, in welchen Fällen eine Aufführungslizenz für den öffentlichen Bereich nicht notwendig ist. Zudem sind mögliche Wege für die Erlangung von Aufführungslizenzen bei der GEMA bzw. direkt bei den Berechtigten beschrieben.

Kompositionen bearbeiten

In der praktischen Arbeit mit Musik nimmt die Anpassung an die eigenen Bedürfnisse oder die des Ensembles bzw. der Band großen Raum ein. Das kann z. B. in Form von Neuarrangements, Veränderungen oder Kürzungen von Musikwerken geschehen. Oft kommen aber auch Neuvertextungen und Neuvertonungen von Musikwerken oder die Übersetzungen von Liedtexten vor. Manchmal sollen andere Musikwerke oder Teile davon aber auch als Grundstock für neue Kompositionen dienen.
Die Broschüre gibt Aufschluss darüber, unter welchen Voraussetzungen dies ohne eine Lizenz der Schöpfer des ursprüng­lichen Musikwerks möglich ist. Es wird aber auch beschrieben, wie und von wem eine entsprechende Erlaubnis erlangt werden kann, wenn die Voraussetzungen für eine kostenfreie Nutzung nicht vorliegen.

Download, Stream, Kopie und Sample

Im letzten Teil geht es dann um die Frage, wie fremde Musikaufnahmen genutzt wer­den können. Dabei wird näher darauf eingegangen, unter welchen Voraussetzungen z. B. CDs oder mp3-Dateien kopiert, Radio­sendungen aufgenommen oder Musikdatei­en aus dem Internet heruntergeladen werden dürfen. Zudem gibt es kurze Ausführungen zur Nutzung von Soundsamples.

Der Fokus der Broschüre liegt immer auf der Frage: „Was ist erlaubt?“ Und: Sofern eine Autorisierung notwendig ist, wird immer beschrieben, wie der Nutzer und die Nutzerin eine Lizenz erlangen können. Besonderes Augenmerk wurde darauf gerichtet, die Ausführungen leicht verständlich zu gestalten. Wo es ging, wurde auf die Angabe von Paragrafen verzichtet, um die Lesbarkeit der Broschüre möglichst angenehm zu gestalten.