Kissenbeck, Andreas

Arrangieren

Ein Praxis-Kurs für Einsteiger und Fortgeschrittene, mit über 50 Übungen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2011
erschienen in: üben & musizieren 6/2011 , Seite 58

Nach seiner zweibändigen Jazz-Harmonielehre legt der Jazz-Organist und Hochschullehrer And­reas Kissenbeck nun den Folgeband Arrangieren vor. Der Titel verrät nicht, dass es sich um eine Arrangierlehre für Mainstream-Jazz in Combo- und Bigbandbesetzung handelt. Das Buch wendet sich an Einsteiger und Fortgeschrittene und hat ausdrücklich auch Lehrende im Blick. Letzteren dürfte als hervorzuhebende Eigenschaft die klare Sprache, die sinnvolle und übersichtliche Gliederung und das weitgehende Vermeiden einer englischen Insider-Attitüde positiv ins Auge fallen.
Der Autor kommt mit einer weitgehend deutschen Begrifflichkeit aus, die den „klassisch“ gebildeten Musiker und Musiklehrer bei seinem Verständnishorizont abholt, die auf der gewohnten Terminologie aufbaut und nur dort in das englische Fachvokabular verfällt, wenn kein passender deutscher Ausdruck zu finden ist.
Die im ersten Teil behandelten Satztechniken sind in die Kategorien Aussetzen, Begleiten und Kontrapunktieren gegliedert. Dabei wird eine Vielzahl von Satztechniken vom zweistimmigen Bläsersatz bis zum dreizehnstimmigen Bigbandsatz erklärt. Zu jeder Technik gibt es ein Notenbeispiel und eine kleine Satzaufgabe; der Anhang enthält 52 gut klingende Lösungsvorschläge zu den Aufgaben. Die Kapitel mit den Themen Konzeptionelle Vorarbeiten, Melodie, Harmonik, Rhythmik, Form, Instrumentierung und Erstellung der Partitur müssen nicht konsekutiv durchgearbeitet werden.
Bei der Fülle von Fachbegriffen wie „alterierte Pentatoniken“ oder „upper structure voicings“ gerät der anfangs angesprochene Einsteiger gelegentlich aus dem Blickfeld. Allerdings will das Buch keine Harmonielehre sein; entsprechende Literaturhinweise werden im Anhang gegeben. Dennoch vermisst man ein Schlagwortregister: Stellenweise ist der Text mit Fachbegriffen gespickt, die der Einsteiger gern nachschlagen würde.
Für das urheberrechtliche Prob­lem der Musikbeispiele hat der Autor eine kluge Lösung gefunden: Viele Melodien und Akkordfolgen empfinden bekannte Jazz-Standards nach, sodass man beim Bearbeiten der Aufgaben mit gebräuchlichem Material arbeiten kann. Leider liegen keine Audio-Aufnahmen der Notenbeispiele und Lösungen bei; man muss sich schon ein wenig in der Materie auskennen oder passabel Klavier spielen, um die komplexeren unter den Lösungsvorschlägen klanglich nachvollziehen zu können. Immerhin sind auf der Webseite des Verlags  neben den Notenbeispielen im Sibelius-Format auch MIDI-Dateien der Beispiele herunterzu­laden.
Der zweite Teil mit den Themenbereichen Form und Instrumentation gerät etwas kursorisch und beschränkt sich stellenweise auf Hinweise. Insgesamt ist Kissenbecks Arrangierlehre aber für Lehrende mit „Klassik-Hintergrund“ eine nützliche Anschaffung.
Christoph Hempel