Sommerfeld, Jörg

Arrangieren

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 4/2020 , Seite 17

Das Wort „arrangieren“ kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie „anordnen“, „überarbeiten“ oder auch „ausgestalten“. Es steht für die Bearbeitung eines bestehenden Musikstücks für einen geänderten Zweck,* hier im Besonderen für dessen Einsatz im Instrumentalunterricht. Die dabei zum Einsatz kommenden musikalischen Mittel reichen von Änderungen der Form (etwa zusätzliche Wiederholungen oder Weglassen von zu schwierigen Teilen) über geänderte Instrumentierungen (Tenorsaxofon statt Horn, Gitarre statt Klavier), Anpassungen in der Schwierigkeit (rhythmische Vereinfachungen, Anpassung der Gesangslage) bis hin zu weitreichenden Neugestaltungen (Orchestrierung eines Weihnachtslieds, Umarbeitung eines Klavierstücks für Flötentrio).
Die Hauptzielsetzung von pädagogischen ­Arrangements ist häufig eine Vereinfachung. Aber auch eine Steigerung des Anspruchs kann gewünscht sein, etwa eine schwierigere Lage oder Tonart. Außerdem kann es weitere Ziele geben, zum Beispiel eine Besetzungsanpassung (ein aktueller Popsong wird für zwei Gitarrenschülerinnen adaptiert). Auch kommt es vor, dass bestimmte Genres nur durch ein Arrangement mit einer Schülerbesetzung dargestellt werden können (Renaissancemusik für Klarinettentrio).
In vielen Fällen ist das Arrangieren Teil der Unterrichtsvorbereitung durch die Lehrkraft. Die Stücke werden notiert und als Unterrichtsmaterial den SchülerInnen zur Verfügung gestellt. Die meisten Lehrkräfte nutzen dazu eine Notensatzsoftware. Diese bietet zusätzlichen Nutzen, so können damit auch Audiodemos angefertigt oder das Erstellen von Einzelstimmen automatisiert werden. Das Arrangement ist in diesem Fall ein Produkt, das seinerseits auf die Herstellung (= Produktion) eines bestimmten Unterrichtsergebnisses abzielt. (So soll z. B. ein Blasorchester mit dem Arrangement eine beliebte Videospielmusik aufführen können.)
Darüber hinaus kann das Arrangieren aber im Sinne eines handlungsorientierten Lernens auch Teil des Unterrichtsprozesses sein, wie es in Schülercombos oder Improvisations­ensembles regelmäßig der Fall ist, ebenso in der Elementaren Musikpraxis. In anderen Unterrichtsformen (etwa im instrumentalen Gruppenunterricht oder in Streicherklassen) braucht es normalerweise speziell aufbereitetes Unterrichtsmaterial (wie flexibel besetzbare Spielpartituren), damit SchülerInnen an der Gestaltung des Musikstücks beteiligt werden können.
Grundsätzlich können alle Arrangements mehr oder weniger differenziert notiert werden (traditionell oder grafisch), sie können aber auch als Audio- oder Videodatei in den Unterricht mitgebracht oder erst dort durch eine Aufnahme fixiert werden. Ein Arrangement besteht also nicht zwingend aus einer gedruckten Partitur mit Einzelstimmen.
Neben der musikalischen Qualität (mit Kriterien wie Satztechnik oder Originalität) hat jedes Arrangement auch eine pädagogische Qualität, die sich vor allem an der Passung von Lerngruppe und Arrangement bemisst (mit Kriterien wie Berücksichtigung von Schülerinteressen, angemessene Schwierigkeitsstufung). Während Notensatzkenntnisse auf dem eigenen Instrument für viele Lehrkräfte selbstverständlich sind, können sie bei ins­trumenten- und leistungsheterogenen Lerngruppen im Anfängerbereich an die Grenzen ihrer Fähigkeiten geraten. Denn über das musikalische Gestaltungsvermögen hinaus wird hier ein erhebliches Maß an instrumentaldidaktischen Kenntnissen benötigt. Bereits die Wahl der Tonart ist eine Herausforderung, wenn etwa Grundschulkinder im Fach Geige und Trompete gemeinsam musizieren sollen. Dadurch ist das Arrangieren im Anfängerbereich unter Umständen schwieriger als das Schreiben für eine professionelle Besetzung, weil man über instrumentaldidaktische Kenntnisse und Satztechniken gleichermaßen verfügen muss.
Manche Lehrkräfte machen das musikalische Arrangieren sogar zu einem Kernmerkmal ihres Unterrichts. Das ist in popmusikalischen Settings häufig der Fall, denn meistens gibt es keine geeigneten Unterrichtsmaterialien der urheberrechtlich noch geschützten Songs. Daher müssen Lehrkräfte ausgehend von den Originalaufnahmen passende Arrangements im Unterricht mit ihren SchülerInnen erarbeiten oder für sie vorbereiten.

* vgl. Christoph Hempel: „Arrangement“, in: Siegmund Helms/Reinhard Schneider/Rudolf Weber (Hg.): Lexikon der Musikpädagogik, Kassel 2005, S. 21-23.

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