Vranckx, Christian

Auf der sicheren Seite

Was im Unterricht urheberrechtlich zu beachten ist

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 5/2014 , musikschule )) DIREKT, Seite 05

Auch beim Singen und Musizieren an der Musikschule oder im Kindergarten stel­len sich urheberrechtliche Fragen. Rechts­anwalt Christian Vranckx erläutert, was erlaubt ist und was vermieden werden sollte.

– Viele Lehrkräfte sind unsicher, inwieweit sie bei ihrer Arbeit urheberrechtliche Vorschriften einhalten müssen. Gilt das Ur­heberrechtsgesetz denn überhaupt für das Singen und Musizieren an der Musikschule?
Christian Vranckx: Auch beim Musizieren in der Musikschule müssen einige recht­liche Regeln beachtet werden. Wie immer gilt bei Musikstücken, dass der Urheberrechtsschutz erst 70 Jahre nach dem Tod des Komponisten erlischt. Dann ist das Werk „gemeinfrei“, z. B. ein altes Volkslied. Es darf auf unterschiedlichste Weise verwertet werden, das heißt, es darf gesungen werden, die Noten oder Liedtexte können kopiert werden oder man darf ein Video mit singenden Schülerinnen und Schülern ins Internet stellen.

– Aber auch gemeinfreie Lieder können ge­schützt sein, oder?
Christian Vranckx: Das ist richtig. Wenn zum Beispiel ein Künstler ein gemeinfreies Lied auf CD aufgenommen hat, steht ihm ein Leistungsschutzrecht zu – also der Schutz für die Interpretation, die Tonaufnahme. Man darf die CD dann grundsätzlich nicht kopieren, das Lied aber selbst auf CD einsingen.

– Bedeutet dies im Umkehrschluss, dass ak­tuelle Stücke in der Musikerziehung nicht eingesetzt werden dürfen?
Christian Vranckx: Hier ist die Verwertungsform entscheidend. Auch aktuelle Werke dürfen in Kitas oder Musikschulen gesungen oder gespielt werden. Ob bei öffentlichen Auf­führungen, an denen Verwandte teilnehmen, Abgaben an die GEMA zu leisten sind, ist umstritten und hängt vom Einzelfall und der Größe der Veranstaltung ab. Bei Aufführungen von Kindern ohne Eintritt, bei denen der musikpädagogische Aspekt im Vordergrund steht, müs­sen keine Lizenzgebühren gezahlt werden.

– Darf ich eine CD mit Hörbeispielen aus verschiedenen CDs für meine Schülerinnen und Schüler zusammenstellen?
Christian Vranckx: Hier muss man wieder unterscheiden: Sind die Werke „gemeinfrei“ und bestehen keine Leistungsschutzrechte, wie vorhin beschrieben, kann ich das bedenkenlos tun. Sobald aber aktuelle Werke dabei sind, wäre dies eine Vervielfältigung der Hörbeispiele, die eigentlich nur für private Zwecke zulässig ist. Allerdings dürfen kleine Teile eines Werks, z. B. zwei Arien aus einer Oper, oder Werke geringen Umfangs wie ein Lied zu Unterrichtszwecken kopiert werden. Dies betrifft sowohl Musik als auch Text.
Wenn Sie aber z. B. eine ganze CD mit unterschied­lichen Liedern zusammenstellen, seien es nun Versionen von Künstlerinnen und Künstlern oder selbst eingesungene Lieder, handelt es sich um eine „Sammlung“. Diese CD darf nicht in Musikschulen eingesetzt werden, in Kitas nach herrschender Auffassung aber schon. Auch dann darf die CD aber nur im Unterricht und zu dessen Vor- und Nachbereitung verwendet werden. Eine Weiter­gabe an die Eltern dürfte in keinem Fall gestattet sein.

– Was raten Sie Lehrkräften, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein?
Christian Vranckx: In der Kindergruppe oder im Unterricht darf alles gespielt und gesungen werden! Volkslieder oder andere gemeinfreie Werke dürfen außerdem bedenkenlos auf eigene Tonträger eingespielt und den Kindern mit nach Hause gegeben werden. Werke, deren Komponist noch nicht 70 Jahre tot ist, würde ich weder kopieren noch auf CD einspielen.

– Gibt es etwas, das auf jeden Fall vermieden werden sollte?
Christian Vranckx: Die Todsünde ist das Einstellen nicht gemeinfreier Werke, Lieder und Liedtexte ins Internet. Hier können kostspielige Abmahnungen drohen. Aber auch das Kopieren von Noten ist nur zulässig, wenn vorher eine Vereinbarung mit der VG Musikedition geschlossen wurde. Diese kann aber für wenig Geld und sehr unbürokratisch abgeschlossen werden.