Wiencke, Manuel

Auf verwunschenen Wegen

Träumereien für Klavier – auch für kleine Hände

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Heinrichshofen & Noetzel, Wil­helmshaven 2016
erschienen in: üben & musizieren 1/2018 , Seite 60

Manuel Wiencke ist offenbar ein musikalisches Multitalent: Nachdem er zunächst als Jugendlicher das Klavierspiel erlernte, wandte er sich der Geige zu und avancierte mit ihr zum Konzertmeister eines Berliner Jugendorchesters. Damit nicht genug begann er schließlich an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Gesang sowie Gesangspädagogik zu studieren und ist heute als freier Opern- und Konzertsänger im Baritonfach tätig.
Begleitend zu all diesen musikalischen Aktivitäten komponierte Wiencke seit seinem vierzehnten Lebensjahr für Klavier, Gesang und kleinere Orchesterbesetzungen. Unter dem Titel Was bleibt? veröffentlichte er vor einiger Zeit eine Folge von „Träumereien für Klavier“, der jetzt mit Auf verwunschenen Wegen ein ähnlicher zweiter Band folgt, dessen Titel wohl als Hommage an Janác?eks Auf verwachsenem Pfad zu verstehen ist.
In dieser Neuerscheinung verbindet sich Wienckes Neigung zum poetischen Klavierstück mit seiner musikpädagogischen Ader: „Nach der Veröffentlichung meines ersten Klavierbandes ‚Was bleibt?‘ wurde ich des Öfteren darauf angesprochen, dass die Klavierstücke zum Teil eine recht große Handspanne haben. Da ich außerdem eine Tochter habe, die mit ihren zu der Zeit 12 Jahren mit dem Greifen einer Oktave auf dem Klavier noch Schwierigkeiten hatte, entstand der Wunsch in mir, Stücke zu schreiben, die sowohl für kleine Hände spielbar sind als auch erwachsene Anfänger ansprechen.“
Das Versprechen der beschränkten Handspanne und leichten Greifbarkeit lösen die neu entstandenen Stücke weitestgehend ein; nur einmal (im Stück In der Ferne) strecken sich die Figuren der Linken bis zur Oktavweite. Leicht sind die einzelnen Nummern geschrieben, aber nicht ohne Anspruch für junge SpielerInnen. Das Grundschema von Melodie in der Rechten und Begleitung in der Linken wird gelegentlich ins Akkordische oder Mehrstimmige samt kleinen Synkopen und Tontrauben geweitet, und im Schlussstück – mit der Melodie im Bass – dürfen beide Hände ihre Funktionen tauschen. Auch ist der Spieler herausgefordert, die Musik dynamisch zu gestalten und sinnvoll zu pedalisieren.
Eine Frage bleibt, wie weit Wienckes Stücke neben ihren technischen Aspekten auch musikalisch berühren, und ob die einfachen Anfangsgedanken tragfähig genug sind, um SpielerInnen über längere Strecken zu fesseln. Aber das hat Methode. Gedanklicher Ausgangspunkt ist für Wiencke das „Träumen“ am Klavier, das zu Beginn des 21. Jahrhunderts freilich nicht mehr in Schumann-Nachfolge steht, sondern die Erfahrung mit den Patterns des Minimalismus und der Filmmusik in sich aufgesogen hat. Eine zusätzliche Hilfe für den, der diese Klaviermusik spielen oder im Unterricht verwenden will: Aufnahmen sind als (kostenpflichtiger) Download auf der Homepage des Komponisten (www.manuelwiencke.de) zu finden.
Gerhard Dietel