Hu, Ines / Agnes Stradner
Barockmusik für das Klima
Ein künstlerischer Appell des Barockensembles Vivaldi der Musikschulen der Stadt Wien
Im Schuljahr 2023/24 brachten 14 SchülerInnen der Musikschulen der Stadt Wien im Rahmen des Barockensembles Vivaldi auf Barockinstrumenten unter der künstlerischen Leitung von Agnes Stradner und der dramaturgischen Unterstützung von Ines Hu eine klimapolitisch aktuelle Aufführung auf die Bühne. Die SchülerInnen im Alter von 7 bis 16 Jahren spielten Stücke von Antonio Vivaldi, Georg Philipp Telemann, Henry Purcell und Michel Pignolet Monteclair zum Konzertthema „Klima und Naturgewalten“.
Neben dem Erlernen barocker Ensemble-Literatur und historischer Aufführungspraxis konnten sich die SchülerInnen während der Proben sowie einer vorausgegangenen Workshop-Phase unter Berücksichtigung des Themas aktiv in die Stückauswahl, die Inszenierung und Dramaturgie des Konzertprogramms und der Produktionsarbeit, kurz, in die gesamte Gestaltung eines Konzertauftritts einbinden. Ihnen wurde die Möglichkeit gegeben – soweit sie das wollten –, als Ausführende zu engagierten BotschafterInnen der Klimakrise zu werden. Das Resultat war eine kraftvolle, facettenreiche Aufführung, bei der sich die Kinder sowohl als MusikerInnen, als auch als SprecherInnen, PerformerInnen, KostümbildnerInnen, ProgrammgestalterInnen und DramaturgInnen ausdrückten.
Das Konzertprojekt startete mit einer Workshop-Phase im Winter. Die TeilnehmerInnen lernten sich kennen, stellten einander ihre Motivation zum Projekt und Thema vor und versuchten, diese in Hinblick auf die Gestaltung eines Konzerts und die Aufgaben dafür in Bezug zu setzen. In einer zweiten Phase im Frühjahr wurden die ausgewählten Stücke in unterschiedlichen Formationen erprobt. Parallel dazu fanden kurze Sitzungen zu Fragen der dramaturgischen Gestaltung statt.
Die TeilnehmerInnen teilten sich schließlich selbst in kleine Gruppen ein, die für verschiedene Aufgabenbereiche verantwortlich waren und autark weiterarbeiteten. Dabei konnten die TeilnehmerInnen auch zwischen den Arbeitskreisen wechseln. Die Zwischenergebnisse wurden jeweils bei der nächsten kurzen gemeinschaftlichen Sitzung – eingebettet zwischen den musikalischen Proben – präsentiert und besprochen. Folgende Bereiche wurden in der Gruppenarbeit intensiver behandelt:
– Programmabfolge sowie deren Übergänge,
– Programmheft-Gestaltung,
– Gestaltung einer Einladungskarte/Postergestaltung,
– Sammlung bzw. Herausarbeitung von für TeilnehmerInnen relevanten Textauszügen und Fakten über den Klimawandel,
– performatives Vortragen von Texten sowie Kostümabteilung (mithilfe zweier Elternteile), deren Inspirationsquelle Werke einer Kostümbildnerin waren, die ausschließlich mit recycelten Materialien arbeitet.
Die Vernetzung dieser Ergebnisse mündete schließlich in eine multimediale Allround-Aufführung: ein partizipatives Konzert auf barocken Instrumenten in von den Kindern entworfenen Kostümen aus recycelten Materialien und mit von ihnen ausgewählten Werken, deren Übergänge in den Proben mitentwickelt wurden. So leiteten etwa Vogelstimmen und eine Sommerregen-Stimmung mit geflüsterten Textauszügen in den „Sommer“ aus den „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi über. Und auf Vivaldis „Tempesta di Mare“ folgte eine improvisierte Winter-Soundscape, auf die wiederum ein Noten-Schneesturm folgte und in die winterliche Starre in der Musik eines Henry Purcell mündete. Immer wieder wurde eine Annäherung an das Publikum gesucht, wobei etwa einzelne PerformerInnen in den Zuschauerraum traten oder es Notenschnipsel mit Klimafakten vom „Himmel“ (Balkon) schneite.
Als aktive MitgestalterInnen lernten die jungen MusikerInnen in diesem Projekt – neben dem Ensemblespiel in historischer Aufführungspraxis – auch Aspekte des künstlerischen Projekt- und Selbstmanagements kennen. Sie reflektierten ihr Vorgehen stets kritisch und kamen in Berührung mit Ausdrucksmöglichkeiten sinnstiftender Inszenierung von Musik in Bezug zu dringenden Fragen der heutigen Zeit.