Lazarus, Annette / Michael Dartsch

Belastungen und Sinnhaftigkeit

Studie zur Arbeitssituation und -zufriedenheit von EMP-Lehrkräften an öffentlichen Musikschulen

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2024 , Seite 20

Musikschulen haben seit Jahren Schwierigkeiten, genügend Fach­personal für den Grundstufenbereich zu finden. Häufig wird ver­mutet, dass in der Hauptsache schlechte Arbeits­bedingungen und ein geringes Gehalt dafür verantwortlich seien. Etwas vielschichtiger erscheint die Proble­matik im Lichte der hier vorgestellten Studie zur Arbeitssituation und Arbeitszufriedenheit von Lehrkräften der Elementaren Musikpädagogik an öffentlichen Musikschulen.

Zentraler Bestandteil der als Masterarbeit an der Hochschule für Musik Saar durchgeführten Studie war eine quantitative Erhebung unter Lehrpersonen der Elementaren Musikpraxis an Musikschulen des Verbands deutscher Musikschulen (VdM). Da die Bundesgeschäftsstelle des VdM den Link zum entsprechenden Online-Frage­bogen an alle Mitgliedsschulen versandt hatte, kann man von repräsentativen Ergebnissen ausgehen. Insgesamt nahmen 498 Lehrpersonen an der Umfrage teil. Zusätzlich wurde ein Fragebogen mit offenen Fragen an einige Lehrpersonen gesandt. Jene Lehrkräfte konnten über persönliche Kontakte zu sieben Musikschulen aus jeweils unterschiedlichen Bundesländern für die Umfrage gewonnen werden. Die 17 eingegangenen Antworten wurden qualitativ ausgewertet.1

Rollenverständnis der Lehrkräfte

Das berufliche Selbstverständnis scheint sich zumindest bei den 17 befragten Lehrkräften überwiegend mit ihrem Tätigkeitsprofil an Musikschulen zu decken. Die Teilnehmerinnen (alle weiblich) identifizieren sich entweder vornehmlich als Pädagogin oder aber als Künstlerin und Pädagogin gleichermaßen. Als reine Künstlerin versteht sich keine der Teilnehmerinnen. Ferner sieht die Mehrheit derjenigen Lehrpersonen, die sich sowohl als Künstlerin als auch als Pädagogin verstehen, beide Rollen in ihrer musikschulischen Arbeit im EMP-Bereich vereint. Die Annahme, dass es sich bei EMP-Lehrenden um verkappte Künstlerinnen handelt, die mangels Alternativen einen pädagogischen Beruf ergreifen, wird durch die Erhebung nicht gestützt.
Aus der Befragung ergibt sich jedoch auch, dass EMP-Lehrkräfte diejenigen Tätigkeiten, die klassischerweise von ihnen an oder über Musikschulen abgedeckt werden (vor allem Musikpraxis mit Vorschulkindern, Grundschulkindern und Eltern-Kind-Gruppen), nicht ausweiten möchten. Auf die Frage, welche Formate sie am liebsten unterrichten würden, falls sie ihr Stundendeputat erhöhen müssten, gaben sechs der 17 befragten Lehrkräfte in der Umfrage Instrumentalunterricht/Einzelunterricht an. In der Tendenz bevorzugten die Teilnehmerinnen insgesamt Formate mit älteren Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen.
Diese Präferenz lässt gerade mit Blick auf die Datensätze aus der repräsentativen Umfrage unterschiedliche Erklärungsansätze zu. Im Rahmen ihres Stundendeputats an einer oder mehreren Musikschulen werden den meisten EMP-Lehrkräften tatsächlich überwiegend Großgruppenformate mit Kindern zugeteilt. Wie die Studie zeigt, unterrichten EMP-Lehrkräfte im Schnitt zu etwa 28% im Grundstufenbereich an ihrer/ihren jeweilige(n) Musikschule(n) und zu etwa 23% in Kooperationsprojekten an Kindertagesstätten. Weitere 11% der Gesamtarbeit der Lehrpersonen ergeben sich aus Kooperationsprojekten an Grundschulen. Auf instrumentalen Einzel- und Gruppenunterricht entfallen nur durchschnittlich 27%. Augenfällig ist jedoch auch, dass lediglich etwa 6% des gesamten Tätigkeitsspektrums der Lehrkräfte gänzlich andere Formate beinhalten, beispielsweise geragogische Angebote oder Angebote mit Jugendlichen oder mit Menschen mit Behinderung.

1 Ausgewählte Ergebnisse der Studie wurden bereits in folgendem Text dargestellt: Lazarus, Annette: „Hat die EMP ein ,weibliches‘ Problem? Eine Umfrage unter Lehrkräften an VdM-Musikschulen zur Arbeitszufriedenheit zeigt Gründe für den Fachkräftemangel auf“, in: neue musikzeitung, Heft 6, 2024, S. 21.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2024.