Bonin, Christin

Belt Voice Training

Singen mit schmetternder Stimme. Gesangstechnik für Musical, Pop, Soul, Jazz & Rock, mit CD

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: SMU Verlag, München 2009
erschienen in: üben & musizieren 6/2010 , Seite 59

Christin Bonin, Opernsängerin und Gesangspädagogin, hat sich eine Nische gesucht und eine Veröffentlichung vorgelegt, die einen besonderen Aspekt der Gesangsausbildung hervorhebt, nämlich das Ausbilden des „beltings“, eines „schmetternden“ und „durchdringenden“ Stimmklangs, wie es in verschiedenen Stilbereichen popularer Musik gepflegt und gefordert wird.
Christin Bonin stellt einen methodischen Übungsgang vor, der weitgehend vom „klassischen“ Repertoire der Gesangstechnik ausgeht, und fokussiert auf das „Schmettern“. Leider wird trotz vieler Informationen zur Atmung und zu den physiologischen Grundlagen nirgends wirklich greifbar deutlich, wie man denn von einer schwächeren, „dünneren“ Stimme zum gewünschten Ideal der „belt voice“ gelangt. Tonleiterorientierte Übungen, das Anhören der Titel von Größen wie Freddy Mercury, Christina Aguilera, Whitney Houston oder Aretha Franklin und die vielen Ge- und Verbote, die etwas unsortiert im Text auftauchen, lassen den Leser doch oft ratlos. Wer noch wenig von seiner Stimme versteht, kann z. B. mit dem Hinweis, darauf zu achten, dass sein „Kehlkopf nicht höher steigt als nötig“ und dann daran zu denken, „ihn weiter hinunterzuziehen, um dies zu vermeiden“, nicht viel anfangen.
Bonin führt zu Recht aus, dass Belcanto und „belt voice“ nicht weit voneinander entfernt sind und dass man „ohne eine gesund geführte, ausbalancierte Gesangsstimme ohne Registerbrüche“ sich nicht an der „belt voice“-Technik versuchen sollte. Etwas abenteuerlich geraten ihre Ausführungen zu „Soundeffekten und Hörgewohnheiten“. Es erscheint mir doch zu simpel, das jeweilige Stimmideal einer Epoche von den wirtschaftlichen Verhältnissen herzuleiten; und eine Aussage wie die, der heutige Druck der Wirtschaftskrise, der die Menschen mitunter zwinge sich des Untergangs zu erwehren, erhöhe auch den Druck auf die Sängerstimme, ist mir denn doch zu spekulativ.
Beiliegende CD bietet „Vorbilder“ für die methodischen Übungen in verschiedenen Stimmlagen. Allerdings fallen die Aufnahmen etwas zu realistisch aus, die Sängerinnen und der Sänger quälen sich in die Höhe, wirken eigentlich sehr angestrengt und überfordert. Sie stellen damit eher dar, wie es nicht klingen sollte. Leider fehlt vor allem dort, wo die Autorin sich auf die „großen Vorbilder“ aus Pop und Rock bezieht, völlig der Hinweis auf die Aufnahmetechnik und deren Hilfsmittel. Keiner der großen zitierten Stars klingt ohne Technik so, wie wir es auf den CDs hören können.
Als Fazit bleibt festzustellen, dass Christin Bonin sicher in der Realbegegnung mit ihren SchülerInnen viel zu sagen und weiterzugeben hat, in Buchform ist ihr dies nur für diejenigen gelungen, die schon sicher und bewusst mit ihrer Stimme umgehen können und nur noch ein paar Hinweise benötigen, um ihre „belt voice“ weiterzuentwickeln.
Wolfgang Koperski