Levens, Ulla

Berimbau

Der afro-brasilianische Musik­bogen – Geschichte, Klangwelt und Spielweise. Mit Anleitung zum Selbstlernen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Drachen Verlag, Klein Jasedow 2012
erschienen in: üben & musizieren 5/2013 , Seite 55

Der Berimbau ist als afro-brasilianischer Musikbogen in Europa vor allem durch Verwendung in der TaKeTiNa-Rhythmuspädagogik und im brasilianischen Kampf­tanz Capoeira bekannt geworden. Über den historisch-kulturellen Hintergrund des Musikins­t­ruments ist allerdings bislang nur sehr wenig geforscht worden, ganz zu schweigen von inst­rumentalpädagogischen Möglich­keiten, die aufgrund der münd­lichen Verbreitung von Stücken und Spieltechniken nahezu unbekannt sind.
Das Buch von Ulla Levens gibt einen äußerst umfassenden und vielseitigen Überblick über Geschichte, Klangwelt und Spielweise dieses ungewöhnlichen Instruments. Im ersten Teil wird der geschichtliche Wandel erläutert. Deutlich wird die Veränderung der Funktion des Instruments von einem archaischen Jagd- und Kampfgerät und Inst­rument der Bettler bis zum Einzug in den Konzertsaal und den Capoeira.
Im zweiten Teil stellen verschiedene Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Erfahrungen mit dem Berimbau dar und erläutern stilistische Zusammenhänge zwischen Jazz, Improvisation und Weltmusik.
Das Buch zeichnet sich durch eine äußerst präzise, verständige sowie anschauliche Darstellung aus. Die ausführliche Schilderung der musikkulturellen Dimensionen ist auch aus musikethnologischer Sicht von hohem Wert und verdeutlicht das hohe Engagement der Autorin, die  Forschungsreisen nach Brasilien, Illinois, Schweden und Sardinien unternommen hat.
Der aus meiner Sicht wichtigste und innovativste Teil des Buchs ist das „Spielen auf dem Berimbau“, da hier in verschiedenen Lektionen die Spielvorbereitungen, Basiserfahrungen, Koordinationsübungen und Musizierweisen auf dem Instrument systematisch aufbauend vorgestellt werden. Dazu wurde eine eigene Notation entworfen, welche die komplexe Spielweise auf dem Instrument schlüssig visualisiert.
Ein besonderes Kompliment gehört in diesem Zusammenhang dem Drachen Verlag, der das Buch sehr anschaulich mit vielen Fotos und Grafiken aufbereitet hat und im Internet Zusatzmaterial (von der Autorin konzipierte und eingespielte Playbacks und Hörbeispiele) anbietet.
Die „Vielfalt in der Einfachheit“ macht den Berimbau auch für musikpädagogische Zwecke interessant, da er selbst gebaut werden kann und sich elementare musikalische Prinzipien sowie interkulturelle Aspekte spielerisch vermitteln lassen. Es wäre wünschenswert, wenn sich das Berimbau-Spiel über diese Pub­likation weiter verbreiten würde.
Lars Oberhaus