Kahl, Tino
Blockbox
Ein PopUp-Studioprojekt für Ensembles an der Hans-Werner-Henze Musikschule Marzahn-Hellersdorf, Berlin
Um an unserer Musikschule die Band- und popmusikalische Ensemblearbeit zu fördern sowie die Kooperation zwischen Musikschule und allgemeinbildender Schule zu stärken, haben wir das innovative PopUp-Studiokonzept „Blockbox“ entwickelt. Gefördert wurde das Projekt durch Mittel des EFRE-Fonds der Europäischen Union (zwei Drittel der Summe für Workshops) und Mittel des Landes Berlin und des Bezirks Marzahn-Hellersdorf.
Mobile Studiokonzepte in ausrangierten Linienbussen oder Fahrbibliotheken gibt es bereits. Sie kamen für uns aufgrund der Anschaffungs- und Folgekosten sowie der administrativen Betreuung nicht in Frage. Stattdessen haben wir ein mobiles Studio in rollbaren Flightcases für überschaubare Kosten konstruiert, das für Carsharing-Transporter optimiert ist,[1] durch 80 Zentimeter breite Türen passt und alle modernen Bandinstrumente plus Recording-Möglichkeiten mitbringt. Drumset, E-Gitarren, E-Bass, Synthesizer, Mikrofone, DJ-Konsole, Samplepads sowie weitere digitale Klangerzeuger sind mit einer PA fest verkabelt. Mit wenigen Handgriffen allein einer Person steht so ein aufeinander abgestimmtes, zeitgemäßes Setup zur Verfügung, das in unseren Räumen genutzt werden und Kooperationsorte in Proberäume, Studios oder Konzertbühnen verwandeln kann.[2] Das Setup benötigt in den Workshops mindestens eine professionelle Person für die Steuerung, die wir „Superproducer“ nennen.[3] Diese Position ist eine ideale Schnittstelle zwischen unserer Musikschule und der breit aufgestellten Berliner Produzentenszene.
In unserer zwölfmonatigen Projektphase haben an 45 Workshoptagen insgesamt 220 Schulkinder teilgenommen. Sie wurden in Bauphase und Konstruktionsprozess eingebunden und haben schließlich mit einem begeisterten Projekt-Team aus herausragenden ProduzentInnen 16 Songs produziert, die in einem herzerwärmenden Songarchiv[4] zu hören sind. Das Songarchiv zeigt eindrucksvoll, dass unser Setup zum künstlerisch-kreativen Arbeiten einlädt. Zugleich scheint es das gemeinsame Tun zu unterstützen, denn eigentlich hatten wir damit gerechnet, dass einzelne Gruppenkonstellationen vielleicht nicht erfolgreich zusammenarbeiten, was bis dato nicht der Fall war.
Nach erfolgreicher Projektphase setzen wir das neue Setup im Alltag unserer Musikschularbeit ein. Es stößt gerade bei den Bands und Ensembles auf großes Interesse, da mobil in Studioqualität aufgenommen werden kann – eine Möglichkeit, die die reguläre Ausstattung nicht zulässt, erst recht nicht an Kooperationsstandorten. Zum Beispiel Probenwochenenden können so aufgewertet werden, denn für ein jugendliches Kammermusikensemble kann es motivierend sein, von einer Probenphase nicht nur ein poliertes Wettbewerbsprogramm, sondern auch einen kleinen gemeinsamen Track mitzunehmen. Ebenso können nun problemlos DJs und darüber hinaus im Grunde jegliche Klangquelle in die Ensembles eingebunden werden, sodass auch Crossover-Experimente möglich sind und neue Ensembleformate entstehen.
Aktuell haben wir mit dem Einsatz im Rahmen von Wahlpflicht- und AG-Kursen begonnen. Ein idealer Blockbox-Kooperationstag sieht für uns wie folgt aus: Das Setup wird an einem außerschulischen Lernort aufgebaut. Dort werden zwischen 9 und 14 Uhr jeweils 90-minütige Kurse für Kleingruppen aus den umliegenden Schulen angeboten. In Trimestern durchläuft jeweils eine gesamte Schulklasse das Projekt, sodass im Schuljahr drei Songs entstehen. Im Mittagsbereich kann das Setup zudem durch den Jugendclub etc. genutzt werden. Darüber hinaus entwickeln wir gerade ein performatives Format, in dem das Setup auf der Bühne genutzt wird, um live im Moment Songs zu erstellen. Dieses Format könnte dann auch in der Erwachsenenbildung und für Teambuilding-Events interessant sein.
Mit unserer kleinen Innovation konnten wir das Netzwerk an Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen vergrößern und neue Partnerschaften eingehen. Beispielsweise starten wir eine mehrjährige Kooperation mit der Gedenkstädte Sachsenhausen, um vor Ort das Projekt „MusikMachtGeschichte“ umzusetzen. Durch Blockbox können wir nun also nahezu überall Musik machen und Musik produzieren. Das Limit unserer Marzahn-Hellersdorfer Musikschul-Innovation sind nur noch 80 cm breite Türen…
[1] Folgekosten wie TÜV, KFZ-Versicherungen, Unterstände, Sonderführerscheine entfallen somit.
[2] Bei Interesse beraten wir gern zum Equipment.
[3] Grundsätzlich können erfahrene SchülerInnen das Setup aber auch ohne professionelle Unterstützung benutzen.
[4] https://blockbox.info/blockbox-songarchiv