Grasse, Stefan
Brisas de Mar / Para um Sorriso
Six compositions for guitar solo / Five compositions for guitar solo & Four compositions for two instruments
Der Nürnberger Gitarrist Stefan Grasse tritt seit seiner ersten Einspielung von 1993 immer wieder mit CDs in Erscheinung, die jeweils einen besonderen Schwerpunkt haben, der fernab des gängigen Repertoires verortet ist. Im Lauf der Jahre haben sich dann auch eigene Kompositionen dazu gesellt, von denen einige erstmalig in diesen beiden Heften zugänglich gemacht werden. Dabei ist zu beachten, dass bei den Einspielungen der hier veröffentlichten Stücke auf den jeweiligen Tonträgern meistens noch andere Instrumente beteiligt sind.
Im ersten Heft Brisas de Mar finden sich sechs Stücke der gleichnamigen CD, dort mit der Besetzung Gitarre, Akkordeon, Klarinette, Vibrafon, Kontrabass und diversen Perkussionsinstrumenten. Die Stücke sind vorwiegend im lateinamerikanischen Stil gehalten, teils brasilianisch, teils argentinisch inspiriert. Sie erweisen sich als stimmungsvolle Instrumentalstücke mit charakteristischem Kolorit und eigenständigem Charakter – mit Reminiszenzen an die französische Musette oder musikalischen Bezüge zu Erik Satie oder Mikis Theodorakis.
In der Druckfassung fehlen neben den unterstützenden Instrumenten auch die Improvisationsteile, die aber zum Teil im Anhang ausnotiert beigefügt sind. Die Substanz der Werke bleibt jedoch erhalten und erschließt sich auch in den Soloversionen.
Ähnlich verhält es sich im zweiten Heft Para um Sorriso. Dem brasilianischen Titel folgen die fünf Solostücke und die vier Werke für zwei Instrumente (Cello und Gitarre, Flöte und Gitarre, zwei Duos für Gitarre) auch stilistisch. Wer solcherart Gitarrenmusik favorisiert, dem seien diese Sammlungen ans Herz gelegt. Manche Stücke sind so geglückt, dass man ihnen eine positive Akzeptanz mit entsprechender Verbreitung wünscht.
Ein Stück der Ausgabe stammt aus einer anderen Einspielung: Die Verneigung vor Astor Piazzolla mit dem Titel Le Tango du chat noir findet sich auf der CD Adiós Nonino, die Grasse ganz dem Schaffen Piazzollas gewidmet hat.
Die Schreibweise der Kompositionen ist sehr idiomatisch, dabei sind die Stücke jedoch keine leichte Kost. Die spieltechnischen Anforderungen sind anspruchsvoll, dafür erhält man aber auch Werke, die unverbrauchte Repertoireerweiterungen in beliebten Genres darstellen. Die Hefte sind schön aufgemacht, angemessene, aus der Praxis stammende Fingersätze erleichtern den Zugang.
Wer über ein offenes Ohr verfügt, sollte sich unbedingt näher mit Grasses Musik beschäftigen. Der Rezensent ist jedenfalls schon fündig geworden.
Andreas Stevens-Geenen