Dolak, Gregor

Bühnenhits für Kids

Die 33 schönsten Opern und Theaterstücke für Kinder und Jugendliche. Ein Ratgeber für Eltern, Erzieher und Theaterleute

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Henschel, Leipzig 2008
erschienen in: üben & musizieren 1/2009 , Seite 55

Wer bringt die Leute ins Theater? Wer sorgt dafür, dass schon Kinder den eigenen Zauber dieser Kunstform kennen lernen? Wer macht Front gegen die Allmacht von Medien und gegen das „Bombardement“ der virtuellen Welten und wirbt für das unmittelbare Erlebnis?
Solche Fragen dürften den Autor dieses handlichen Büchleins auf dem Hintergrund des Elternmagazins Schule der Zeitschrift Focus geleitet haben. Herausgekommen ist ein nett aufgemachtes Kompendium mit insgesamt 33 Beschreibungen von Theaterstücken und Opern, die durch Inhaltsangaben, musikgeschichtliche Erläuterungen und dramaturgische Kommentare bereichert werden. Ansprechende und lebendige Szenenfotos tun ein Übriges.
Die Auswahl ist – wie könnte es anders sein? – beliebig und subjektiv. Dolak geht sozusagen den Weg des kleinsten gemeinsamen Nenners und setzt insgesamt unerfahrene „Theater-Eltern“ voraus. So wird der nach Alternativen zu den Publikumsrennern Suchende eher enttäuscht sein und sich wieder einmal bei Hänsel und Gretel, Zauberflöte, Fliegendem Holländer und dem Sams wiederfinden. Neueres oder gar experimentelles Kindertheater bleibt eher am Rande: so Jerôme Savarys Vom dicken Schwein, das dünn werden wollte, Amely, der Biber und der König auf dem Dach von Tankred Dorst oder das Gewaltlehrstück für Jugendliche Das Herz eines Boxers von Lutz Hübner.
Die Einteilung der Stücke nach Alter der Kinder von 4-12 wird so manchen Theaterpädagogen kritisch auf den Plan rufen. Ist wirklich Das schlaue Füchslein von Janácek eine Oper für Einsteiger (Kinder ab 5 Jahren)? Abgesehen von der äußerst hintergründigen Handlung auf zwei Ebenen und der äußerst anspruchsvollen sinfonischen Anlage der Musik wird schon die Aufführungsdauer des Stücks von mindestens zwei Stunden für die Kinder eine Überforderung bedeuten. Gleiches gilt für L’enfant et les sortilèges von Colette/Ravel oder auch Die Liebe zu den drei Orangen von Sergej Prokofjew.
Das Problem guter Vorbereitung eines Stücks durch Eltern oder Schule bleibt auch bei vielen der übrigen genannten Werke bestehen und der Autor wird sich als Redakteur für Oper und Theater dieser Problematik sicherlich bewusst sein. Seine Veröffentlichung ist eine ansatzweise Hilfe hierzu.
Verwunderlich aber die Nonchalance, mit der z. B. Sätze wie dieser formuliert sind: „Aus diesem riesigen Repertoire habe ich mit Expertenhilfe diejenigen [Stücke] ausgesucht, die sich am besten für Kinder und Jugendliche eignen.“ Ein wenig bescheidener dürfte es schon sein! Mit Gewinn wird man die im Anhang befindliche Liste renommierter Kinder- und Jugendbühnen in Deutschland lesen und kann sich dann noch in einem Glossar über einige wichtige Begriffe der Theaterszene aufklären lassen.
Thomas Holland-Moritz