Meister, Tristan (Hg.)

Chor to go

Das Männerchor-Buch für die Westentasche

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2017
erschienen in: üben & musizieren 1/2018 , Seite 52

Was waren das noch für Zeiten, als Männerchöre ganz wesentlich die Gesangskultur in Deutschland bestimmten: wackere Tenöre und wohltönende Bässe fanden sich in Nebenzimmern von Gasthöfen zusammen, probten traditionelles, oft wertkonservatives Liedgut in einfachen Sätzen und frönten der Geselligkeit. Oft genug stand das Bierglas schon während der Probe unter dem Stuhl und in den Pausen wurden Zigarren geraucht – im Probensaal natürlich.
Diese sehr eigene Welt des 19. Jahrhunderts mit Vereinssatzung, Vorstand und Fahne, mit Namen wie Eintracht, Liederkranz oder Concordia, mit Laiensängern, die voller Inbrunst Sätze von Zelter und Silcher schmetterten – diese sehr eigene Welt konnten noch nicht einmal die gravierenden Verluste und verheerenden Einwirkungen zweier Weltkriege im Kern wirklich treffen. Erst der Geist der „68er“ mit den kulturästhetischen Paradigmenwechseln, vor allem aber das demografisch bedingte Problem des Mangels an jungen, sangeswilligen Nachwuchssängern führte spätestens gegen Ende des 20. Jahrhunderts zu einer tiefgreifenden Krise, die noch längst nicht überwunden scheint.
Umso erfreulicher nun, dass sich ein renommierter Verlag wie Schott in Mainz genau dieses Genres annimmt und Liederbücher für Männerchöre herausgibt, die man – um es vorweg­zunehmen – ohne Abstriche als echte Bereicherung für die Männerchorszene mit Nachdruck empfehlen kann. Von den vorliegenden Neuausgaben ist Tristan Meisters “Männerchor-Buch für die Westentasche” noch das traditionellste, trotz des wohl zeitgeistbedingten englischen Titels “Chor to go”. Das Büchlein enthält in einfachen, gut klingenden Sätzen all jene Titel, die man gemeinhin erwarte: von der “Loreley” über “Ein Prosit” bis zu “Happy birthday”.
Die durchweg a cappella gesetzten Titel sind überwiegend im Stil des 19. Jahrhunderts gehalten; da soll man wohl sofort singen, ohne viel zu proben. Nur die Bearbeitungen von Pascal Matiné fallen, weil klanglich wohl “gewollt spröde”, etwas aus dem Rahmen. Schön dagegen, dass die Liedauswahl mit internationalem Kolorit angereichert ist, etwa “Molly Malone” oder “Down by the Salley Gardens”. Und bei allen Arrangements merkt man deutlich die Handschrift des Praktikers Tristan Meister, von der Wahl der Tonart bis hin zur praktischen Notation in meist zwei Systemen.
Dass Layout und Druck bei einem Verlag wie Schott zu keinerlei Beanstandungen Anlass geben, versteht sich von selbst. ­Der Band wurden von Julia Gerber so gründlich lektoriert, dass man beim besten Willen keine Ungereimtheiten oder gar Fehler zu entdecken vermag. ­Also: Mit diesen Neuausgaben kann Männerchor wieder richtig Spaß machen!
Thomas Krämer