Johow, Joachim
Coffee & Violin
18 Coffee Time Pieces in Popular Style für Violine und Klavier, mit CD
Kaffeehaus – das klingt nach K.u.k.-Nostalgie, nach dem Wien, Budapest, Lemberg der „guten alten Zeit“ vor dem Ersten Weltkrieg. Es ist schwer, sich heute vorzustellen, welche kulturelle Bedeutung der Institution Kaffeehaus – denn es war geradezu eine gesellschaftliche Institution – damals zukam. Es war ein Treffpunkt von Beamten, Honoratioren, Geheimräten, der „besseren Gesellschaft“, von Künstlern aller Art (man denke an die berühmten „Kaffeehausliteraten“ wie Stefan Zweig, Arthur Schnitzler, Franz Werfel, Joseph Roth), aber auch von Revolutionären (Trotzki!), Exzentrikern und Lokaloriginalen. Die Besucher waren in der Regel männlich, für „anständige Frauenspersonen“ schickte sich „so etwas“ nicht. Man las Zeitung, debattierte, spielte Schach, Dame oder Tarock.
Viele Kaffeehäuser hatten einen Tanzbereich, oft auch einen separaten Ballsaal. Musik gehörte zum Kaffeehaus ebenso urständig dazu wie der Kaffee. Hier servierten Musiker den Gästen in den verschiedensten Besetzungen vom Duo Violine-Klavier bis zum Salonorchester populäre Schmankerl. In Hietzing im 13. Wiener Bezirk spielten in „Dommayer’s Kaffeh- und Traiteurhaus“ Josef Lanner, Johann Strauß Vater und Sohn mit ihren Orchestern zum Tanz auf. Manch populärer Walzerklassiker erlebte hier seine Uraufführung.
Nicht jedem behagte der unterhaltende Gebrauchscharakter dieser „leichten Musik“, und so haftet der Salon- oder Kaffeehausmusik bis heute etwas Abwertendes, Seichtes an. Ich erinnere mich eines sehr renommierten Dirigenten, der einem Solisten vorhielt, er habe aus dem gerade gespielten Werk „Kaffeehausmusik“ gemacht, und sich dabei schüttelte wie ein durchnässter Bernhardiner.
An die Musiktradition des Kaffeehauses knüpft Joachim Johow an mit Coffee & Violin für Violine und Klavier. Es ist nach My Blue Violin (Swing und Jazz) und The Merry Fiddler (Irish style) seine dritte Sammlung thematisch lose zugeordneter Stückchen.
Johows Kaffeehausmusik greift laut Vorwort „respektlos auf verschiedene Stile und Epochen zurück […] So finden wir hier neben barocken Anklängen Stücke im französischen, lateinamerikanischen und irischen Stil. Einziger Maßstab ist – wie beim Kaffee in seiner Vielfalt der Kaffeesorten und Zubereitungen – auch hier der eigene Geschmack.“
Die Stückchen sind pfiffig und haben Schwung, sind dabei für beide Instrumente recht einfach zu spielen, sodass sie sich gut für eine Verwendung im Unterricht mit Kindern (oder auch für Erwachsene als Beitrag für Geburtstags- oder andere Partys!) eignen. Dem Notenheft beigegeben ist eine CD, auf der einmal Laurentius Dinca alle 18 Piecen charmant-brillant in bester Kaffeehausmanier serviert, zum anderen die Klavierbegleitung allein und zum Mitspielen enthalten ist. Zu empfehlen!
Herwig Zack