Hill, Burkhard / Alicia de Banffy-Hall (Hg.)

Community Music

Beiträge zur Theorie und Praxis aus internationaler und deutscher Perspektive

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Waxmann, Münster 2017
erschienen in: üben & musizieren 5/2017 , Seite 55

Musikschulen, die sich auch als regionale Kulturzentren verstehen und als inklusive Einrichtungen ihren Nutzern in einer Willkommensgeste zuwenden; eine Elementare Musikpädagogik, die einem voraussetzungs- und bedingungslosen Musizieren verpflichtet ist; Aktivitäten der Musikvermittlung, die nicht nur im Sinne von Audience Development auf die quantitative Steigerung von Besucherzahlen zielen, sondern sich dem bürgerlichen Konzertbetrieb kritisch nähern; eine Schulmusik, die sich längst an einem offenen Musikbegriff orientiert; eine Instrumentalpädagogik, die weit über die Meisterlehre in der One-to-One-Situa­tion hinausdenkt – all das ist von den Grundannahmen von Community Music gar nicht so weit entfernt. Lee Higgins, Spiritus rector der Bewegung, stellt in diesem Buch als die fünf Schlüsselbegriffe von Community Music heraus: Menschen (die samt und sonders zum Musikmachen befähigt sind), Orte in ihrem spe­zifischen sozio-kulturellen Kontext, aktive musikalische Partizipation, die Feier von Vielfalt und Unterschiedlichkeit und schließlich Inklusion als „Schaffen von Verbindungen zwischen Menschen unterschiedlichster Art“.
Gleichwohl ist dieses Buch, das ausgewählte Ergebnisse einer Münchner Tagung im Jahr 2015 ebenso präsentiert wie zahlreiche Projektpräsentationen der Münchner Community-Music Aktionsforschungsgruppe, wichtig und nützlich: Community Music hat ein mehr denn je notwendiges Bewusstsein der politischen Relevanz kultur- und musikpädagogischen Handelns, eine Wachheit gegenüber ökonomischen, sozialen und kulturellen Machtverhältnissen und realen Ausgrenzungen (dazu der Beitrag von Eric Sons: „Macht und sozial-ästhetische Offenheit“). Community Music bringt – wie die einleitenden Beiträge von Alicia de Banffy-Hall und Burkhard Hill zeigen – Musiktherapie, Musikpädagogik, Ethnomusikologie, Musikgeragogik, EMP und Musikvermittlung neu ins Gespräch. Community Music öffnet einen internationalen Diskurs, der insbesondere in transkultureller Hinsicht inspirierend ist (dazu z. B. Brydie-Leigh Bartleets „Einblicke aus dem asiatisch-pazifischen Raum“). Der „interventionistische Ansatz“, das heißt eine „Art rücksichtsvoller Störung“ im Handeln der musikpädagogischen „Facilitators“ der Community Music, ist ebenso eine Herausforderung für die gewohnten musikpädagogischen Handlungs­weisen wie der Habitus einer radikalen musikalischen „Gastfreundschaft“.
Gleich, ob nun Community Music als eigenes Feld oder als ein Bereich mit Überschneidungen zu den genannten Disziplinen gesehen wird: Vor allem öffnet sich ein Diskursraum, in dem es möglich ist, aus einer klaren Sicht auf die realen gesellschaftlichen Verhältnisse heraus Debatten um Inklusion, Vielfalt und Teilhabe auf eine gute und notwendige Weise zuzuspitzen.
Peter Röbke