von Weber, Carl Maria
Concertino op. 45
für Horn (in E und F) und Orchester, hg. von Dominik Rahmer, Urtext
Das Concertino für Horn und Orchester op. 45 von Carl Maria von Weber wurde ursprünglich 1806 für Joseph Dautreveaux, Hornist der Hofkapelle in Carlsruhe bei Breslau komponiert. Die erste Fassung ist leider verschollen. Während eines Münchener Aufenthalts im August 1815 hat Weber eine völlig umgearbeitete Neufassung für den Hornisten Sebastian Rauch (1783-1844) angefertigt. Rauch war vierzehn Jahre als Solohornist Mitglied der Königlichen Hofkapelle in München. Ob er das Stück jemals aufgeführt hat, ist nicht dokumentiert. Die ersten bekannten Aufführungen waren 1817 (nur Ausschnitte) und 1822 im Leipziger Gewandhaus.
Bereits 1816 bot Weber das Concertino seinem Verleger Adolph Martin Schlesinger an. Schlesinger bat um eine vereinfachte Version des technisch anspruchsvollen Werks, um die Verkaufschancen zu verbessern. Weber lehnte ab und bot 1818 das Concertino mit den von Schlesinger vorgeschlagenen Erleichterungen und für eine höhere Verkaufssumme dem Leipziger Verleger Carl Friedrich Peters an. Als Entschädigung überließ Weber dem verärgerten Schlesinger das Rondo brilliant op. 62.
1820 erschien ein Klavierauszug des Concertinos bei Breitkopf & Härtel. Mit etlichen Freiheiten bezüglich Artikulation und Dynamik wurde es von Henri Kling bearbeitet. 1884 veröffentlichte der Verlag Schlesinger/Robert Lienau einen neuen Klavierauszug sowie Orchesterstimmen, die sich überwiegend an dier Erstausgabe hielten.
Als Hauptquelle der vorliegenden Urtext-Edition benutzte der Herausgeber Dominik Rahmer hauptsächlich die von Weber korrigierte Erstausgabe von 1818. In Ausnahmefällen, die auf ein Versehen des Stechers oder Kopisten zurückzuführen schienen, wurden die Nebenquellen, die Autografen-Partitur und eine Abschrift herangezogen. Der Klavierauszug wurde von Johannes Umbreit entsprechend der Orchesterstimmen von 1884 erstellt.
Das Weber-Concertino wurde für das ventillose Naturhorn konzipiert und stellt enorme technische Ansprüche an den Hornisten. Der damalige Rezensent der ersten Besprechung des Werks kritisierte, dass „dem Concertisten eher zu viel als zu wenig zugemuthet“ würde und wünschte, der Komponist „hätte noch mehr erleichternde Varianten für weniger ausgezeichnete Virtuosen hinzugesetzt“, denn Weber verlangt z. B. im Rezitativ-Abschnitt Takt 168 ff. in der Solostimme auch mehrstimmige Akkorde, so genannte Multiphonics. Sie waren bereits vor seiner Zeit bekannt. Durch gleichzeitiges Blasen und Singen entstehen Kombinationswirkungen (Differenz- und Summationstöne) der Obertonreihe. Obwohl Weber diesen Effekt selbst als „sehr unsicher in der Ausführung und als Künsteleyen betrachtet“ hat, änderte er die Stelle mit dieser erweiterten Spieltechnik nicht.
Mit dieser Urtextausgabe ist wieder ein exzellentes Exemplar bei Henle erschienen. Eine Hornstimme in E und eine transponierte in F sind beigelegt.
Thomas Swartman