Rückemesser, Manfred

Crashkurs Lied­begleitung Klavier

mit Video-Tutorials

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2021
erschienen in: üben & musizieren 2/2022 , Seite 57

Liedbegleitung, das Stegreif-Musizieren mit Gruppen, schnelles Andeuten musikalischer Grundstrukturen gehören zu den Basics des (Schul-)Musikeralltags und stellen hohe Anforderungen an Stilkenntnis und Umsetzungsvermögen – und werden als „schulpraktisches Klavierspiel“ im Rahmen eines Schulmusikstudiums als Unterrichtsfach mit abschließender Prüfung gelehrt. Doch kann man sich die Grundlagen auch im Selbststudium aneignen. Voraussetzung für das Gelingen ist in jedem Fall eine solide Basisbeherrschung des Instruments, der harmonischen Grundlagen (Kadenz) und ihrer interessanten Erweiterungsmöglichkeiten.
Hier setzt vorliegender Band an, der der lernwilligen Songbegleiterin Impulse für ein fruchtbringendes Begleiten am Klavier nahebringen will. Dass dabei die eigentliche Kunst nicht im technisch mehr oder weniger anspruchsvollen Klavierpart, sondern im Kontakt zur singenden Gruppe besteht, spielt dabei eine untergeordnete Rolle: Natürlich ist es schön, wenn die Pianistin auch mal komplexe Parts spielt! In der Praxis ist man allerdings im Regelfall nicht die Begleiterin einer autonom agierenden Sängerschar, sondern leitet diese an. Ob man das aus einem Bändchen mit Videotutorial lernen kann, darf bezweifelt werden. Hier ist die persönliche Betreuung durch einen Profi unverzichtbar.
Dennoch legt Manfred Rücke­messer mit seinem Band eine übersichtliche und sinnvolle Anleitung für das erste Begleiten vor: Zunächst wird die einfache Kadenz eingeführt, bewährte Begleitpatterns, Erläuterungen zu den verwendeten Fingersätzen, Abkürzungen der Dynamik, zum Pedalgebrauch. Hier fragt man sich, ob das notwendig ist, denn die Adressatenschaft für diesen Crashkurs dürfte sich in diesen Basisbereichen hinlänglich auskennen: Und absolute AnfängerInnen wird man noch nicht in dieser Form der Liedbegleitung schulen.
Die Auswahl der Lieder ist recht vielfältig und in häufig vorkommende Stilistiken unterteilt, an denen man sich anhand unterschiedlicher Schwierigkeitsstufen von einfach (Level 1, z. B. Bruder Jakob als „Quinten-Song“) bis „fast schon schwierig“ (Level 3, Speedy Gonzales als „Syncopated Chords“) ein solides Grundbegleitrepertoire erarbeiten kann. Zu den Songs erhält man kurze Erläuterungen zur Harmonik und zum Begleitpattern, also quasi eine kurze Verbalisierung des Notentextes.
Mit Hilfe von QR-Codes kann man zu den jeweiligen Patterns Video-Tutorials abspielen – ein Tool, ohne das heute kaum eine Selbststudiumsanleitung auskommt. Motivierend und äußerst niederschwellig ist diese Kombination aus Erklärungstext, Ausnotation und Videos in jedem Fall – gut durchdacht und sorgfältig aufbereitet im vorliegenden Band und als Einstieg in das Songbegleiten gut geeignet. Vielleicht erwächst dadurch auch ein spielerischer Umgang mit weiteren Liedern und motiviert zum gemeinsamen Singen?
Christina Humenberger