Solfaghari, Jasmin

Crashkurs Oper

Geschichte – Komponisten – Werke – Spielstätten

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2020
erschienen in: üben & musizieren 3/2021 , Seite 54

Die Oper an ein möglichst breites Publikum heranzuführen, wird immer mehr zu einem zent­ralen Anliegen des Geschäfts: Live-Streams, Vermittlungsprogramme oder verlockende Blicke hinter die Kulissen sollen die Schwelle zu dieser hochkomplexen Kunstform niedriger machen. Denn um eine Opernvorstellung in all ihren Dimensionen schätzen zu können, ist es gut, sich nicht nur mit der Handlung, sondern auch mit dem historischen Hintergrund, dem musikalischen Aufbau und idealerweise dem Entstehungsprozess auseinanderzusetzen.
Opernregisseurin Jasmin Solfaghari bietet kurze, aber detailreiche Beschreibungen des Personals hinter dem Vorhang, von der Souffleuse bis zum Inspizienten. Sie fügt dabei zahlreiche Anekdoten hinzu wie z. B. über die Komplikationen, die von künstlichem Nebel auf der Bühne hervorgerufen werden können. Doch sie informiert auch Opernneulinge über den Kauf eines Programmhefts und den Dresscode beim Besuch einer Opernvorstellung.
Jasmin Solfaghari möchte nicht nur interessierte Neulinge anloken, sondern auch Neugier auf das Repertoire vom Barock bis zum 21. Jahrhundert wecken. Hierfür präsentiert sie eine appetitanregende Opern-Auswahl unter Rubriken wie „Natur“ oder „Familienfreundlich“. Als LeserIn findet man durch kurze Handlungsbeschreibungen, viele Bilder und Online-Audiohighlights einen leichten Zugang.
Dabei ist die Auswahl sehr persönlich: Nicht Peter Grimes oder Billy Budd, sondern Albert Herring kommt als Britten-Oper ins Büchlein. Detlev Glanerts 2019 uraufgeführtes Werk Oceane und nicht etwa die international bekannte Oper The Tempest von Thomas Adès wird Beispiel eines zeitgenössischen Werks. In der verschiedene Epochen und stilistische Richtungen versammelnden Tabelle „Komponisten und ihre Opern“ wird Thomas Adès jedoch erwähnt.
Das Operngeschäft ist ein globales, sodass ein Blick über den nationalen Tellerrand nicht schaden kann. „Im Ausland werden Opernhäuser oft privat finanziert“, heißt es – wobei auch die Staatsoper Berlin, die Bayerische oder die Wiener Staatsoper mittlerweile von Sponsoren abhängig sind, um medial präsent zu bleiben.
Der Versuch, in dieser knappen Form eine Übersicht der Operngeschichte bis in die Gegenwart zu geben, kann manchmal auch etwas platt geraten: „Das 19. Jahrhundert ist sicherlich das Säkulum der Oper!“ Doch auf der anderen Seite fasst Solfaghari die Ästhetik Richard Wagners äußerst eloquent zusammen. Künftige Opernliebhaber bekommen einen Einblick in die Evolution von Theaterbauten seit der Antike und erfahren, wie Opernhäuser zu Symbolen der politischen Macht nicht nur in Europa, sondern mittlerweile auch in China oder im Oman werden. Alles in allem eine gute Grundlage für weitere Entdeckungen.
Rebecca Schmid