Gröger, Bertrand
Crossover Preludes
16 Stücke für Sologitarre
Der klassischen Gitarre neue Spieler und Zuhörer zu erschließen, ist schon seit Jahrzehnten eine Herausforderung für Komponisten und Musiker. Ein beliebter Ansatz ist es, musikalische Elemente aus Rock, Pop und Jazz (oder der U-Musik, wie es etwas steif und altmodisch im Vorwort heißt) mit der klassischen Gitarrenspieltechnik zu kombinieren. Genau diesen Weg geht auch Bertrand Gröger in seiner Ausgabe der Crossover Preludes, die sechzehn Spielstücke für Sologitarre enthält.
Vom Schwierigkeitsgrad ist der 32 Seiten starke Band im leichten bis mittleren Spielniveau angesiedelt – Barrés oder Streckungen sind eher die Ausnahme – und dürfte somit für leicht fortgeschrittene GitarrenschülerInnen interessant sein. Gröger, der auch als Dozent und Chorleiter an der Popakademie Mannheim tätig ist, lässt sich von verschiedenen Stilen inspirieren. Neben Jazz und Bossa Nova findet man Anklänge an Folk oder Rock.
„Sparklers“ erinnert an die Unplugged-Alben von Eric Clapton, während „Blazing Midday“ mit südamerikanischem Rhythmus überzeugt. Gelungen ist auch das treibende „Train Window“, das über einem durchgehenden Bass mithilfe von Zweiklängen geheimnisvolle Atmosphäre schafft. Andere Stücke wie das romantische „Parting“ arbeiten mit schön klingenden Akkordflächen und durchklingenden Leersaiten und erzeugen eine beruhigende, fast esoterische Atmosphäre.
Fast allen Stücken eigen ist ein eher akkordischer Charakter. Grögers Kompositionen sind eher sound-orientiert, als dass sie mit klaren, eingängigen Melodien überzeugen. Viele der Parts könnte man sich auch als Begleitung zu einem poppigen Gesangsstück vorstellen und wünscht sich einen melodischen Kontrapunkt zu den harmonisch-schwebenden Akkordverbindungen.
Bei dem ein oder anderen Stück stellt sich so gepflegte Langeweile ein: Die verwendeten Akkorde sind arg vorhersehbar und kommen teilweise sehr etüdenartig daher. Rhythmisch sorgen Offbeats, punktierte Achtel und clave-artige Pickings für Abwechslung im achtel-geprägten Klassik-Alltag. Mit etwas Übe-Einsatz und gutem Gehör sind diese Herausforderungen ebenfalls leicht zu meistern.
Leider ist das Layout trotz des musikalischen Crossover-Konzepts äußerst klassisch gehalten. Eine Tabulatur-Schreibweise, die es vom Rock kommenden GitarristInnen ermöglichen würde, die Stücke ohne Notenkenntnisse zu lernen, fehlt. Schade, denn vom musikalisch-technischen Anspruch hätte sicherlich auch der eine oder andere Fingerpicker oder Popgitarrist Spaß an den Stücken, deren Klangcharakter deutlich moderner ist als der Notensatz. So bleibt nur die Beschäftigung mit dem Notenlesen, um sich den Crossover Preludes zu nähern, aber das kann ja auch ein Ansporn für nicht notenfeste GitarristInnen sein. Eine CD mit Hörbeispielen liegt dem Buch nicht bei, kann aber separat erworben werden.
Martin Schmidt