Pärt, Arvo

Da Pacem Domine

für Blockflötenquartett

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Universal Edition, Wien 2008
erschienen in: üben & musizieren 6/2009 , Seite 63

Die Musik des estnischen Komponisten Arvo Pärt adäquat zu interpretieren, stellt für Blockflötenensembles immer eine besondere Herausforderung dar. Nun liegt mit Da Pacem Domine eine neue Komposition vor, die von Irmhild Beutler und Sylvia Rosin von der Chorfassung für Blockflötenquartett eingerichtet wurde.
Die gregorianische Antifon “Da Pacem Domine”, übersetzt „Verleih uns Frieden“, ist eine der bekanntesten gregorianischen Melodien überhaupt. Das liegt mit Sicherheit an dem immerwährend aktuellen Thema und auch an Vertonungen der Melodie von Johannes Eccard, Hans Leo Hassler, Felix MendelssohnBartholdy, um nur einige zu nennen. Eine Version neueren Datums ist “Da Pacem Domine” von Arvo Pärt (*1935), im Jahr 2004 von Jordi Savall für ein Konzert in Barcelona in Auftrag gegeben. Diese Komposition für vierstimmigen Chor oder Solisten a cappella ist inzwischen auf CD erschienen.
Die Adaption dieses Chorsatzes durch Beutler und Rosin ist nicht die erste Komposition Pärts, die für Blockflötenensemble existiert: Nach “Pari Intervallo” (1984) für Blockflötenquartett und Arbos (1981) für Septett entstand 2007 die vorliegende Übertragung von “Da Pacem Domine” für Blockflötenquartett. Sie ist in zwei Registern spielbar: eine hohe Version für Sopran/Alt/Tenor/Bass und eine vielleicht noch überzeugendere tiefe Fassung für Tenor/Bass/Großbass/Subbass.
Wie schon in “Pari Intervallo” ist auch hier die Stimmung kontemplativ getragen. Es entsteht ein langsam pulsierender Gestus durch die gleichmäßig verschobenen Einsätze der Stimmen. Gefühlte Weite wird durch Sequenzierung und Augmentation der Takte in den Kadenzen suggeriert. Im modernen Gesamtklang auftauchende dorische Melodiefloskeln und dem historischen Kontrapunkt verhaftete Stimmführung in den Kadenzen vermitteln eine Ahnung von den Klangwelten vergangener Jahrhunderte.
Was die Gestaltung der Ausgabe betrifft, ist schon das Cover geschmackvoll und passend zum Sujet gestaltet. Im Notentext finden sich exakte Angaben zu Tempo und Dynamik. Interpretationsvorschläge sind angedeutet. An diesem Punkt fängt nun die Herausforderung für die Interpreten an: Bei Pari Intervallo, ursprünglich ein Orgelwerk, ging es noch darum, Orgelklänge mit einem Blockflötenquartett darzustellen. Dies liegt einem durch die Musik der Renaissance geprägten Blockflötenensemble sehr nahe. Bevor man aber mit der Interpretation beginnt, lohnt es sich, sich eine Aufnahme mit Chor anzuhören. Hier gilt es, das An- und Abschwellen der Stimmen, die Vokale und die Artikulation der Konsonanten nachzuempfinden. Dies dürfte eine bekannte Aufgabe für versierte BlockflötistInnen sein, heißt es doch schon bei Ganassi: „Und wie der Maler die Werke der Natur mit verschiedenen Farben nachahmt, kann das Instrument den Ausdruck der menschlichen Stimme durch die Atemgebung und durch Schattieren des Tones […] imitieren.“
Lucia Mense