Heider, Werner

Das Geheimnis

für Violine und Viola

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Heinrichshofen & Noetzel, Wilhelmshaven 2017
erschienen in: üben & musizieren 1/2018 , Seite 53

Mit seinen Kompositionen und als Interpret ist Werner Heider seit 70 Jahren (!) auf unseren Konzertpodien präsent und wurde mit zahlreichen Preisen geehrt. Trotz seines beeindruckenden Gesamtwerks scheint er zu jenen Zeitgenossen zu gehören, die keinen Wert auf Medienpräsenz um jeden Preis legen. Abseits vom Festival-Jetset und jeglichem Jahrmarkt der Sensationen hat Heider sich etwas angenehm Bodenständiges bewahrt. Was nicht etwa mit hausbacken zu verwechseln wäre.
Werner Heider, 1930 in Fürth geboren, beweist eine über sieben Jahrzehnte anhaltende, ungebrochene Schaffenskraft, die ihn geradezu als Musterbeispiel für Nachhaltigkeit erscheinen lässt. Wie zu erwarten, ist sein Œuvre enorm umfangreich und auch stilistisch sehr vielfältig. Die Klangsprache seiner Kompositionen begibt sich des Öfteren in Grenzbereiche, sei es in der Wahl der Mittel (z. B. in Kunst-Stoff für Klarinette mit Live-Elektronik, präpariertes Klavier und Tonband oder in Klang-Raum-Klang für neun im Raum verteilte Inst­rumentalisten) oder auch stilistisch, etwa in eine Grauzone zwischen E-Musik und Jazz (z. B. in Sonata in Jazz für Altsaxofon und Klavier oder in Old Man, Jazz-Ballade für Saxofonquartett).
Aus dem Jahr 2014 stammt das bei Heinrichshofen erschienene, vier Minuten dauernde Duett Das Geheimnis für Violine und Viola. Hier zeigt sich Heiders – wohl von John Cage beeinflusstes? – Faible fürs Absurde, gerne auch garniert mit etwas provokanter Ironie; so hat er etwa dem 1974 entstandenen Werk Plakat [poster] for orchestra Cages Leitsatz vorangestellt: „I have nothing to say and I’m saying it“. „Das Geheimnis ist im Grunde“, so schreibt Heider selbst, „ein ,geheimnisvoller‘, absurder Text in deutsch und englisch, der einerseits etwas zurückhaltend (nicht rhythmisiert), andererseits deutlich verstanden werden soll.“ Der Text ist nämlich von den InterpretInnen an bestimmten Stel­len der Komposition während des Spielens zu deklamieren: „Wo warst Du gestern Abend? I can’t tell you. And you, where were you? Auch ich will es nicht sagen. So why? Ich sag’s jetzt nicht. Don’t keep me in suspense. Oh ja, die Neugierde! A bad habit? Oder eine Tugend? Could be, too. Verrat es doch. Okay, I’ll tell you. Hast es wohl vergessen? What have I forgotten? Du warst mit mir! I was with you? Oh ja – zusammen! Is it secret? Es ist geheim. The secret. Our secret – Unser Geheimnis.“
Auch dieses farbige kleine, wirkungsvolle Stück zeigt eindrucksvoll die Heiders Klangsprache eigene, gestisch geprägte, quirlige Lebendigkeit; es mutet mit den Textpassagen fast ein wenig expressionistisch an. Übermäßig schwierig zu spielen ist es nicht, man sollte allerdings rhythmisch sattelfest, intona­tions- und sprungsicher sein.
Herwig Zack