Giordani, Daniel

Das Rhythmusorakel

Eine alternative Trommel- und Rhythmusschule, mit CD und Spielzubehör

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Fidula, Boppard 2012
erschienen in: üben & musizieren 4/2013 , Seite 54

Eine Anleitung Walzer und Schlei­fer zu componieren, ohne musikalisch zu seyn, noch von der Composition etwas zu verstehen lautet der Titel eines Mozart zugeschriebenen Spiels, bei dem auch Dilettanten mit einem Würfel, einer Zahlentafel und einer 96-teiligen Notentafel kleine Kompositionen erstellen können. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hatte Christian Siegert in seiner Violinschule die Idee eines Rhythmus-Domino, John Cage befragte das chinesische Orakel I Ching, um bestimmte Parameter seiner Kompositionen festzulegen. Ob spielerisch ironisch wie bei Mozart, didaktisch wie bei Siegert oder philosophisch begründet wie bei Cage – der Zufall ist schon seit Langem eine etablierte Größe bei der Genese von Musik.
Neu ist Das Rhythmusorakel, eine alternative Trommel- und Rhythmusschule des österreichischen Musikethnologen und Trommellehrers Daniel Giordani. Giordani ist ausgebildeter Ethnologe und begeisterter Djembé-Trommler, der sich durch verschiedene Meister in Westafrika ausbilden ließ. Sein Buch beginnt mit einer persönlich gehaltenen Einführung zum Thema Rhythmus, beschreibt daraufhin rhythmische Grundstrukturen und Pulse, stellt Perkussionsinstrumente der Welt vor und gibt kurze Tipps für das Trommelspiel, bevor auf Seite 54 das Rhythmusorakel vorgestellt wird. Es besteht aus dem Buch beiliegenden Pappschablonen und -spielsteinen, die man zieht und aus denen Rhythmusschleifen von unterschiedlicher Länge gebildet werden. Die Symbole auf den Pappkärtchen stehen dabei für unterschiedliche Trommelklänge (Bass, Open Sound oder Slap) sowie für Pausen. In der Folge macht der Autor Vorschläge zur Einzel- oder Ensemblearbeit mit diesen Zufallsrhythmen, lässt sie übereinander schichten, ordnet sie in Arrangements und gibt Hinweise für die Nutzung der Rhythmus­patterns in der Liedbegleitung.
Werke wie Das Rhythmusorakel erscheinen derzeit viele auf dem Musikalienmarkt. In aller Regel werden sie verfasst von musikpädagogisch Tätigen, die das Bedürfnis haben, ihre gewonnenen Erfahrungen in einem eigenen System zusammenzufassen. Dabei erliegen sie oft der Gefahr, ihre Werke zu überfrachten, indem sie über die konkreten musikalischen Ziele hinaus gehen. So sympathisch dieser ganzheitliche Ansatz ist, führt er doch mitunter zu ungeschickten Zuordnungen oder Oberflächlichkeiten: An der einen Stelle im Buch acht Zeilen zu „Heilige Trommeln“, zehn Seiten später fünf kurze Abschnitte mit Informationen zu „Heilige Trommeln in der Karibik“, siebzehn Zeilen „Übungen zur Wahrnehmung der akustischen Umwelt“, eine knappe Seite „Die Wirkung von Rhythmus auf unser Gehirn“ – ist das wirklich hilfreich?
Die Gestaltung des Buchs und der beiliegenden CD ist – wie bei Fidula gewohnt – klar und angemessen, die Inhalte reichen aber nicht an vergleichbare Verlags­titel (wie z. B. Charivari oder Juba von Jürgen Zimmermann) heran.
Stephan Froleyks