Wammes, Ad

Dedicated to you

12 Emotional Pieces for Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2017
erschienen in: üben & musizieren 5/2018 , Seite 55

Seit dem 19. Jahrhundert ist für viele Komponisten die nament­liche Nennung von Widmungsträgern gang und gäbe. Damals waren es vornehmlich Mäzene oder SchülerInnen, denen diese zuteil wurde, in Notenausgaben fallen ihre Namen dann unter das Kleingedruckte. Der niederländische Komponist Ad Wammes (geb. 1953) macht Widmungen zum Titel einer Sammlung von zwölf Klavierstücken, anders als bei Elgar werden die Adressaten nicht verrätselt, sondern mit vollem Namen genannt, zum Teil mit Internetlinks versehen. Neben SchülerInnen berücksichtigt Wammes Auftraggeber aus Theater und Fernsehen.
Die Herkunft aus der Filmmusik ist einigen der Stücke anzumerken, z. B. durch offene Formgebung oder pendelnde Achtel in Quarten. Entsprechend unterschiedlicher Temperamente und Spielfähigkeiten sind die Stücke heterogen sowohl in der Stilistik als auch im Schwierigkeitsgrad. Es gibt Balladen, Tänze und Etüden. Das Ostinato wird als Mittel häufiger eingesetzt, es kann Grundlage eines ganzes Stücks oder einzelner Abschnitte sein. Die sich darüber entfaltenden Melodielinien wirken zum Teil wie notierte Improvisationen.
The Roundabout ist ein Kinderstück, ein schneller Walzer, durch weite Lagen nicht immer günstig zu greifen. Making Marc eine Bearbeitung einer Komposition für Akkordeonensemble – der hier auf drei Systemen notierte Klaviersatz entspricht eher einem Klavierauszug. Einige Fingersätze erleichtern das Spielen, gleichwohl wurde nicht immer handgerecht gesetzt. Das kompakte Schlussstück La Luna erfordert große Hände und eine gute Pedaltechnik.
Rhythmisch originell ist ein Tanz im 5/8-Takt und eines mit 16 Sechzehnteln pro Takt, in dem Dreier- und Zweiergruppen unterschiedlich verteilt werden. Tangerine erinnert im Tonmate­rial an Indonesien, Short Movie ist eine imaginäre kurze Filmepisode. Zuweilen wirken Wammes’ Akkordverbindungen beliebig, tonale Offenheiten nicht zwingend (Wake beginnt in b-Moll und ­endet in fis-dorisch), Tonartenwechsel erfolgen auch durch unvermittelte Rückungen.
Der Notensatz ist sehr gut lesbar, die Aufteilung fast aller Stücke auf je eine Doppelseite praktisch. Leider bietet die Ausgabe keine Erinnerungsvorzeichen in Klammern an, bei einem Akkordwechsel z. B. von fis-Moll zu c-Moll bei vier Generalvorzeichen tauchen nicht nur beim Blattspiel Leseprobleme auf.
Wammes hat ältere und neuere Kompositionen kompiliert, die in keinem Zusammenhang zueinander stehen. Stilistisch sind sie zwischen Pop und Minimal Music angelegt, unmittelbare Vorbilder wirken allenfalls unterschwellig mit (u. a. Satie, Bartók). Als Genrestücke sind einzelne von ihnen für den Klavierunterricht und Vortragsabende geeignet.
Christian Kuntze-Krakau