Gal, Natalie

Den eigenen Gipfel erreichen

Mit „Pianoforum“, „Flauto dolce con echo“ und „Streicherolympia­de“ geht das Musikum Salzburg neue Wege bei der Präsentation von Schülerleistungen

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 2/2010 , Seite 36

So mancher junge Musiker kennt diese Situation: ein großer, fast leerer Saal, man betritt alleine die Bühne, im Zuschauerraum hinter Tischen verschanzt sitzen streng dreinblickende Juroren, die Hände werden schwitzig, jetzt soll man alles geben… Hoch sind die Anforderungen bei Wettbewerben an die jungen Kandidatinnen und Kandidaten – und manche halten dem Druck nicht stand.
Dass ein Wettbewerb ein äußerst lebendiges und bereicherndes Erlebnis sein kann, beweisen innovative Foren wie „ensembletreffen berlin“ oder „ensembletreffen oberösterreich“ (siehe Berichte in Üben & Musizieren 5/03 und 1/07). Am Musikum Salzburg – einer professionellen Bildungseinrichtung für Musik und Tanz, bestehend aus 18 Musikschulen mit Standorten in allen Regionen des Landes Salzburg – hat man sich diese zum Vorbild genommen und sich mit den Themen „Wettbewerb“ und „Motivation“ auseinandergesetzt. „Wie können wir erreichen, dass jeder die Möglichkeit erhält, sich einer breiteren Öffentlichkeit in entspannter Atmosphäre zu präsentieren und dabei Anerkennung und Motivation zu erfahren? Wie können wir das Potenzial unserer Schüler besser fördern und neben dem reinen Handwerk menschliche Qualitäten vermitteln? Wie können wir den unterschiedlichen Voraussetzungen wie unterschiedliches Einstiegsalter, unterschiedliche Unterrichtszeiten und -formen Rechnung tragen?“ Das waren die zent­ralen Fragen von Michael Seywald, künstlerisch-pädagogischer Landesdirektor des Musikums Salzburg, und der Fachgruppenleiter auf der Suche nach neuen Wegen.
Ungewöhnliche Ideen, das gegenseitige Zuhören, die persönliche Meinungsbildung sowie der Austausch zwischen den Generationen waren Gianfranco Sannicandro, Fachgruppenleiter für Tasteninstrumente und Klavierlehrer am Musikum, bei der Entwicklung des „Pianoforums“ besonders wichtig, das erstmalig am 23. und 24. Januar 2010 im Musikum Salzburg stattfand.
Die Jury im herkömmlichen Sinn wurde einerseits durch ein Fachberaterteam ersetzt – neben Klavierlehrkräften prominent besetzt mit Ferhan Önder sowie Anton Voigt, dem Präsidenten der European Piano Teachers Association – und andererseits durch ein Schülerberaterteam. Während der vier einstündigen Konzerte, die an vier Halbtagen stattfanden und erfreulich gut besucht waren, hörten sich die KandidatInnen gegenseitig zu und gaben sich Feedback.
50 Kandidatinnen und Kandidaten präsentierten ihre musikalischen Beiträge und kündigten diese auch selbst an. Während sich im Anschluss an das Konzert die Beraterteams zurückzogen, hatten alle anderen die Möglichkeit, die einzelnen Beiträge mittels Videoübertragung auf der Leinwand noch einmal zu sehen – allein das rief schon nachhaltige Effekte bei den TeilnehmerInnen hervor. Bei der abschließenden Feedbackrunde gab es für jeden einzelnen Spieler einen Feedbackbogen, kommentiert von jeweils einem Sprecher beider Beraterteams. Dabei stellte sich nicht nur heraus, dass die Schülerberater äußerst genaue und kritische Zuhörer waren, sondern dass ihre Beobachtungen meistens mit denen der Fachjury übereinstimmten. So manche Lehrkräfte und ZuhörerInnen konnten sich von der Art, wie Schüler einander konstruktives Feedback gaben, etwas abschauen und eigene Verhaltensmuster und Ausdrucksweisen hinterfragen. Jeder Teilnehmer bekam eine Urkunde und seinen Feedbackbogen, außerdem wurde sein Beitrag auf Youtube veröffentlicht, wobei der Spieler entscheiden konnte, ob nur er oder alle Zugang zu seinem Beitrag erhalten sollen.
Bereits zum zweiten Mal fand am 30. und 31. Januar „Flauto dolce con echo“ statt, eine unter Fachgruppenleiter Peter Martin Lackner entwickelte Präsentationsform, die das Herzstück eines zweitägigen Blockflötenfests mit Rahmenprogramm bildete und zu der sich rund 100 SchülerInnen angemeldet hatten. Für jeden Beitrag war eine Auftrittszeit von zehn Minuten vorgesehen, die einerseits die Präsentation und andererseits ein direkt im Anschluss daran stattfindendes Echo in Form eines differenzierten Feedbacks der Fachjury mit Ilse Strauß von der Musikschule Innsbruck und Direktor Michael Seywald beinhaltete.
Der Fest- und Erlebnischarakter war beim Besuch des 2. Blockflötenfests sichtbar und spürbar. Das Rahmenprogramm bot eine „Blockflötenschatzsuche“, eine Blockflötenausstellung, eine Notenausstellung, eine „Blockflötenklinik“ und eine Tombola im Rah­men des großen Abschlusskonzerts.
Olympischer Geist zählte nicht nur in Vancouver, sondern auch am Musikum, wo vom 19. bis 21. Februar zum siebten Mal die „Streicherolympiade“, der musikum-interne Wettbewerb für junge Streicher unter Fachgruppenleiterin Angela Büche, veranstaltet wurde. Hier gibt es keine Alterskategorien und damit keine direkten Vergleiche mit anderen TeilnehmerInnen. Gewertet wird nur die Qualität des Vorgetragenen, unabhängig von Alter oder Schwierigkeitsgrad der Werke. Dadurch hat auch ein junger Musiker eine Chance, der erst mit elf Jahren begonnen hat, und nicht, wie sehr oft, schon mit fünf Jahren die Geige in die Hand nimmt.
77 KandidatInnen zwischen fünf und 19 Jahren waren angetreten. Anders als bei „Pianoforum“ und „Flauto dolce con echo“ wurden hier Vorgaben für das Vorspiel und die Vergabe von Preisen beibehalten, allerdings erhielt jeder einen Preis (erster, zweiter, dritter Preis oder erster Preis „mit Auszeichnung“) und wurde im Rahmen des feierlichen Abschlusskonzerts mit Urkunde und kleinen Sachpreisen belohnt. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die „Streicherolympiaden“ wesentlich dazu beigetragen haben, das Niveau der Streicher zu heben und die Motivation, ein Streichinstrument zu erlernen, zu steigern.
Musikalische Leistungen können mit denen von Spitzensportlern verglichen werden. Allerdings geht es bei den Präsentationsformen des Musikums nicht um Konkurrenzkampf, sondern um Ziele, die man sich selbst steckt. Den eigenen Gipfel, den persönlichen Olymp gilt es zu erreichen.

Lesen Sie weitere Beiträge in Ausgabe 2/2010.