Triebnig, Silvester

Der Musikkonsum der Digital Natives

Eine empirische Untersuchung im "Klassik"-Bereich

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 3/2015 , Seite 48

Sind junge Menschen, die sich mit klassischer Musik beschäftigen, altmodisch? Verwenden sie noch CDs, gar noch Schallplatten, um Musik zu hören? Oder sind auch sie bereits im digitalen Zeitalter angelangt? Eine Studie entkräftet Vorurteile und bietet Einblicke in die tatsächlichen Hörgewohnheiten von musikalischen “Heavy Users”.

Junge Menschen hören bekanntermaßen ger­ne Musik. Doch die Art und Weise ihres Musikkonsums unterscheidet sich stark von jener ihrer Eltern: digitale Musikdateien und Playlists statt Plattensammlungen, Internet-Streaming statt Radioapparat, Filesharing statt Einkauf im Musikladen. Als Digital Natives1 (zu Deutsch: digitale Eingeborene) sind heutige Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Computern, Mobiltelefonen, MP3-Playern und Internet aufgewachsen und hatten daher seit ihrer frühen Kindheit regen Kontakt mit jenen digitalen Medien,2 welche für die Generation vor ihnen (die Digital Immigrants oder digitale Einwanderer) eine radikale Umgewöhnung des Alltags bedeuteten. Diesen tiefgreifenden Wandel in der Rezeption und der Kreation von Musik kann man allgemein als musikalische Mediamorphose zusammenfassen.3
Nach den ersten beiden grafischen Mediamor­phosen (Erfindung der Schrift und des Buchdrucks) bilden die drei technischen Mediamorphosen (die chemisch-mechanische Mediamorphose mit der Erfindung von Fotografie und Grammofon, die elektronische Mediamorphose mit der Erfindung von elektronischer Signalaufzeichnung und -Übertragung und die digitale Mediamorphose mit der Erfindung des Computers) die erste globale mediale Mutation. Damit gehen große Veränderungen in der Musikproduktion und -rezep­tion einher, die untrennbar mit der immer stärker werdenden Technologisierung verbunden sind.

Musikalische „Heavy Users“

Die musikalische Mediamorphose betrifft demnach alle modernen Menschen, unabhängig von Nationalität, Alter und Musik­geschmack. Doch nirgends ist die Frage, wie Musik tatsächlich konsumiert wird, so spannend wie bei jungen ausübenden MusikerInnen: Sie erlauben durch das Zusammenspiel von früher musikalischer Professionalisierung und hoher konsumtechnologischer Adaptierungsgeschwindigkeit einen besonders interessanten Blick hinter die Kulissen von musikalischen „Heavy Users“. Und auch wenn bei vielen Jugendlichen klassische Musik mit einer Aura von „Verstaubtheit“ umgeben ist, kann davon ausgegangen werden, dass die musikalisch aktiven Digital Natives in diesem Bereich vergleichbare Verhaltensmuster bei der Nutzung neuer digitaler Medien für den Musikkonsum aufweisen, wie sie bei Menschen ihres Alters im Gesellschaftsdurchschnitt zu finden sind.

1 zu den Begriffen Digital Native und Digital Immigrant siehe Marc Prensky: „Digital Natives, Digital Immigrants“, in: On the Horizon – MCB University Press, 9/5, Oktober 2001.
2 Mit digitalen Medien sind hier virtuelle, nicht-physische Medien gemeint.
3 Der Begriff der Mediamorphose wurde von Kurt Blaukopf und Alfred Smudits geprägt und beschreibt jene drastischen Veränderungen in der Produktion für den kulturellen Kommunikationsprozess, welche aus der Entwicklung und der Etablierung neuer Kommunika­tionstechnologien resultieren.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 3/2015.