Dartsch, Michael
Didaktik künstlerischen Musizierens für Instrumentalunterricht und elementare Musikpraxis
Das Anliegen einer Didaktik künstlerischen Musizierens dürfte bei manchen PädagogInnen Skepsis auslösen: Lässt sich Künstlerisches didaktisch erfassen und lehrbar machen? Gegenüber solchen Versuchen bestehen besonders in der Tradition der Meisterlehre hartnäckige Vorbehalte. Auch die Verbindung von Instrumentalunterricht und elementarer Musikpraxis im Titel wird nicht jedem gefallen. Michael Dartsch zeigt mit seinem Buch, dass beide Widerstände nicht berechtigt sind. Es gelingt ihm, wesentliche didaktische Fragestellungen eines künstlerischen Musizierens zu erfassen und behutsam, aber deutlich vielerlei Möglichkeiten eines produktiven Lehrens in diesem Gebiet aufzuzeigen.
Dartschs Konzeptbildung ist deduktiv und hierarchisch: Von der obersten Instanz der Erziehungswissenschaft ausgehend verzweigen sich die pädagogischen Disziplinen in Allgemeine Didaktik, Musikdidaktik, Allgemeine Instrumental- und Gesangsdidaktik sowie Elementaren Musikdidaktik und weitere kleinteilige Spezialdidaktiken. Künstlerische Phänomene und praktische Fragen eines entsprechenden Musizierunterrichts stehen also nicht als induktives Potenzial am Anfang; Dartsch gelangt zu ihnen, indem er die Scheinwerfer eines minutiös ausgearbeiteten didaktischen Systems auf sie richtet.
Die Verortung seines Systems in der Erziehungswissenschaft zeitigt mitunter sperrige Begriffe („Reaktionsziele“, „Prozessziele“, „Dispositionsziele“), die KünstlerInnen und MusikpädagogInnen zunächst eher unvertraut sein dürften. Die Ausarbeitung des Systems erfolgt auf einem langen Weg. Differenziert dargestellt und reflektiert werden der Bedeutungshorizont von Didaktik, die soziale Dimension von Unterricht, der Begriff des künstlerischen Musizierens, das Fachverständnis von Instrumentalunterricht und Elementarer Musikpraxis, Ziele und Inhalte eines Unterrichts in künstlerischem Musizieren.
Die besondere Leistung besteht in der fundierten und sorgfältigen Bildung eines didaktischen Systems und seiner Ausdifferenzierung im Blick auf die Lehre des Instrumentalunterrichts und der Elementaren Musikpraxis. Diese Konstruktion gelingt Dartsch, indem er mit enormem Kenntnisreichtum und gedanklichem Scharfsinn Theorien, Konzepte und Forschungsergebnisse aus vielen verschiedenen Disziplinen aufgreift und zu einem stimmigen Gefüge verdichtet. Sorgfältig definiert er alle wichtigen Begriffe und bewirkt dadurch diskursive Klarheit. Trotz der strengen Systematik seines didaktischen Baukastens vermeidet Dartsch in seinen Entwürfen unterrichtspraktischer Optionen einen beengenden Systemzwang. Im Bewusstsein der Unverfügbarkeit gelingenden Unterrichts schärft er das Bewusstsein von Lehrenden für prinzipielle Faktoren ihres Handelns und eröffnet ihnen einen die Spezifik jeder Unterrichtssituation berücksichtigenden Spielraum.
Ulrich Mahlert