© Adrian Wehlte

Wehlte, Adrian

„…die bequemsten und nützlichsten Stücke…“

Etüden im Gruppenunterricht – nicht nur für FlötistInnen

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 4/2015 , Seite 26

Es gibt SchülerInnen, denen macht es Spaß, Tonleitern, Dreiklänge und technische Studien durch alle Tonarten zu üben. Sie dürfen jedoch zu einer kleinen Minderheit gehören. Eher ist im Unterricht die mangelnde Begeisterung an der Mimik der SchülerInnen und den holprigen Ergebnissen abzulesen. Da hilft auch nicht der ständige Hinweis darauf, dass Üben und Musizieren zusammengehören und nur das eine mit dem anderen das angestrebte Ziel erreichbar werden lassen. Wie können Tonleitern, Dreiklänge und Techniketüden schmackhaft gemacht werden?

Johann Joachim Quantz, Flötenlehrer Friedrichs des Großen, stellt 1759 im Vorwort zu seinen Flötenduetten op. 2 den pädagogischen Nutzen des Duettspiels heraus: „Es bleibt also dabey, daß Duette, zur Erlernung der Musik die bequemsten und nützlichsten Stücke sind. Die Erfahrung bezeuget es an denen, welche im Anfange eine geraume Zeit nur zu Duetten, obgleich manchesmal zu ihrem Verdrusse, sind angehalten worden, zur Gnüge. Wie leicht sind ihnen nicht nachher jede andere Stücke geworden.“
Technische Studien und Mehrstimmigkeit schließen sich also keineswegs aus, ergänzen sich im besten Fall sogar. Und so gibt es aus der Zeit der Romantik beispielsweise von Jean Louis Duport Etüden für Violoncello mit Begleitung eines zweiten Violoncellos oder von Theobald Böhm 24 Etüden mit Klavierbegleitung.1 Aus dem vergangenen Jahrhundert können die 1954 komponierten Übungen zu zweit durch alle Tonarten von Hans-Ulrich Staeps oder Günter Bialas’ Kanonische Etüden für zwei Querföten als Beispiele dienen.2 Und J. Bradford Robinson fasst in Duettissimo – fünf Etüden für zwei Blockföten, komponiert 1997 – im Vorwort zusammen: „Diese Ausgabe für Alt- und Tenorblockflöte enthält fünf ,Duetüden‘, eine neuartige Gattungsbezeichnung, die die Vorzüge einer technischen Etüde mit den Freuden und Herausforderungen des Ensemblespiels verbindet.“3
Im Folgenden möchte ich fünf dreistimmige und vierstimmige Etüden für Querflöten oder Blockflöten vorstellen, die ich für meinen Unterricht an der Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl komponiert habe und die alle auf Kanonstimmen für die Studierenden und Bass-Stimmen für die Lehrenden beruhen.4 Alle Beispiele sind für Einzel- wie auch Gruppenunterricht geeignet.

1 chronologische Auswahl mehrstimmiger Etüden im 19. Jahrhundert: Jean Louis Duport: 21 Etüden für Violoncello mit Begleitung eines zweiten Violoncellos ad lib. (1806); Johann Gottfried Schuncke: Exercise pour
le Cor avec Accompagnement de Pianoforte (ca. 1820); ­Josef Rudolf Lewy: 12 Etüden für Horn mit Begleitung des Klaviers (ca. 1830); Anton Bernhard Fürstenau: Übungen mit Klavierbegleitung in: Die Kunst des Flötenspiels op. 138 (1844); Iwan Müller: 6 Etüden für 2 Klarinetten op. 74 (ca. 1850); Sebastian Lee: 40 leichte Etüden für Violoncello mit Begleitung eines zweiten Violoncello ad lib. op. 70 (1854); Charles Dancla: 15 Etüden für Violine mit Begleitung einer zweiten Violine op. 68 (1855); Theobald Böhm: 24 Etüden mit Klavierbegleitung op. 37 (1858).
2 Hans-Ulrich Staeps: Zu zweien durch den Tonkreis für 2 Blockflöten, Doblinger, Wien 1954; Günter Bialas: Kanonische Etüden für 2 Querflöten, Bärenreiter, Kassel 1954.
3 J. Bradford Robinson: Duettissimo. 5 Duetüden für 2 Blockflöten, Bärenreiter, Kassel 1997.

Vollständiger Artikel

MIDI-Datei zu NB 1: Skalen und Dreiklangsfiguren
MIDI-Datei zu NB 3: Vorzeichengedächtnis
MIDI-Datei zu NB 4: Griffwechsel
MIDI-Datei zu NB 6: Dreistimmiger Kanon
MIDI-Datei zu NB 7: Quintraumübung Dur
MIDI-Datei zu NB 7: Quintraumübung Moll

Lesen Sie weitere Beiträge in Ausgabe 4/2015.