Heiss, Isabelle Sophie
„Die Lehrperson hat mich, ohne zu fragen, an meiner Hüfte angefasst“
Aktionstag „Nähe und Distanz“ an der Fakultät Musik der UdK Berlin
(Einzel-)Unterricht kann als Herzstück des Musikstudiums verstanden werden. Er bietet aufgrund der langfristig angelegten Lehr-Lern-Beziehung die Chance von großer Individualität und Intensität. Gelungene Nähe ist dabei Teil des Nährbodens, der zu einer positiven Lehr-Lern-Situation beiträgt. Gleichzeitig birgt Einzelunterricht im Hochschulkontext aufgrund der vorhandenen Abhängigkeiten und den dem Unterricht innewohnenden Ansprüchen und Erwartungshaltungen sowie seiner Körperlichkeit und Emotionalität eine besonders große Gefahr für Grenzüberschreitungen. Auch wenn sich die Aufmerksamkeit in den vergangenen Jahren erhöht hat, fehlt es vielerorts an notwendigen Sensibilisierungsangeboten zum Thema Nähe und Distanz an Hochschulen. Um auf diesen Missstand zu reagieren, fand am 11. Mai an der Universität der Künste Berlin der Aktionstag „Nähe und Distanz“ der Fakultät Musik statt. Initiiert und inhaltlich vorbereitet von Isabelle Sophie Heiss hatte die AG Frauenförderung einen Aktionstag organisiert, um Teilnehmenden in unterschiedlichen Formaten eine umfassende Beschäftigung mit dieser Thematik zu ermöglichen.
Mit einer großen Plakataktion (Gestaltung: Katharina Brenner) mit verschiedenen Zitaten wurde über Monate für das Thema sensibilisiert und schließlich der Aktionstag beworben. Der Tag selbst umfasste Impulsvorträge, Workshops – die Studierenden und Lehrenden separat mit praktischen Übungen erfahrungsbasierte Zugänge ermöglichten –, eine Podiumsdiskussion und die sinnliche Auseinandersetzung durch künstlerische Beiträge. Die Impulsvorträge beleuchteten das Thema Nähe und Distanz aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Juristin Maryam Haschemi verwies auf die notwendige und vor allem regelmäßige Sichtbarkeit des Themas und die damit verbundene Aufklärung über geltende Rechte. Nur so könne der Unwissenheit von Betroffenen sowie dem Fehlen eindeutiger Regelungen über „unerwünschtes“ Verhalten im Musikhochschulkontext begegnet werden. Darüber hinaus mahnte sie das Recht auf „professionellen Raum“ für Studierende an, was sich unter anderem auf das Erteilen von Unterricht in Privaträumen bezog – vielerorts ist dies zwar untersagt, findet aber dennoch statt; nicht zuletzt, weil Räumlichkeiten fehlen.
Lesen Sie weiter in Ausgabe 5/2023.