Leveratto, Pietro

Die Musik Therapie

Songs und Stücke für Lebens- und Stimmungslagen aller Art

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Hanser Berlin, München 2015
erschienen in: üben & musizieren 3/2016 , Seite 50

Was tun, wenn man mit dem Rauchen aufhören will? Oder Angst vor der Zahl 13 hat? Oder allzu schüchtern ist? Der italie­nische Musiker und Komponist Pietro Leveratto hat eine einfache Antwort: Musik hilft, und zwar bei so ziemlich allen Prob­lemen. Wie das funktioniert, erklärt er in seinem Buch, das nur auf den ersten Blick schwer verdaulich erscheint. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem sperrigen Titel ein amüsanter Streifzug durch Musik und Psychologie, ein augenzwinkernder Ratgeber, der auch für die absurdesten Fälle eine musikalische Antwort bereithält. Oder hätten Sie gewusst, dass Ihr Glaube an Außerirdische hervorragend zu der 1975 erschienenen Platte Mothership Connection der US-Band Parliament passt?
Auch bei irdischeren Angelegenheiten hat Leveratto die richtige Musik parat. Gegen die Midlife-Crisis empfiehlt er Once in a Lifetime von den Talking Heads, gegen Zahnschmerzen Schumann, gegen Unruhe Barockmusik und bei Beziehungsproblemen Mozart oder Ravel. Und ist die Partnerschaft nicht mehr zu retten, lässt es sich zu den Klängen von Charles Aznavour oder Eminem gleich viel besser Schluss machen. Daneben befasst sich Piet­ro Leveratto mit bekannten und weniger bekannten Protagonisten der musikalischen Szene. Das Spektrum reicht von Anton Bruckner (dem Lehrmeister für alle überzeugten Einzelgänger) über Francois Couperin (gut bei Eifersucht) und Charles Mingus (für alle, die nicht gern in den Spiegel schauen) bis hin zu Billy Strayhorn, dem Partner von Duke Ellington (zu finden unter dem Stichwort „Einsamkeit“).
Bei allem Humor kommt aber auch die informative Seite nicht zu kurz. Pietro Leveratto erläutert musikalische Strukturen; er untersucht die Entstehung und den Aufbau von Musikstücken und er erzählt eine Fülle von Geschichten – etwa jene vom entspannendsten Song der Welt, den britische Forscher nach wissenschaftlichen Kriterien komponierten und der so gut wirkte, dass einige Versuchspersonen prompt einschliefen. Oder jene von Carl Stalling, dessen Trickfilm-Soundtracks bei der Bekämpfung von Hustenanfällen helfen sollen.
Musik gegen exzessives Fluchen, Halluzinationen, zwanghaften Perfektionismus oder die Un­fähigkeit, im Beisein anderer zu pinkeln (hier rät Leveratto zu Chopin, Smetana oder The Doors): Gibt es überhaupt Prob­leme, die sich nicht mit musika­lischer Hilfe lösen lassen? Tatsächlich: „Musik hilft nicht gegen Haarausfall“, gibt Leveratto zu, „sie kann Ihnen aber durchaus helfen, damit umzugehen“, indem man sich die Glatzköpfe der Musikgeschichte zum Vorbild nimmt. Und sogar die Angst vor dem Weltuntergang kann Musik besänftigen: „Drehen Sie einfach It’s the End of the World as We Know It (And I Feel Fine) der US-Rockband R.E.M. so laut auf, wie es nur geht. […] Brüllen Sie laut (warum auch immer) ,Leonard Bernstein‘ mit. Und den hymnischen Refrain sowieso. Sie werden sich besser fühlen.“
Irene Binal