Harris, Paul

Die neue Leichtigkeit des Übens

Ein revolutionärer Ansatz für ein lustvolles, motiviertes und effektives Übe-Erlebnis

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Faber Music / C. F. Peters, London 2014
erschienen in: üben & musizieren 3/2015 , Seite 52

„Der Hund hat meine Noten gefressen“, oder: „Meine Schildkröte hatte Kopfweh.“ Wir alle kennen die Situation, in der Schü­lerInnen den Unterrichtsraum be­treten und zum Ausdruck bringen, dass es mit dem Üben (wieder einmal…) nicht so recht geklappt hat. Paul Harris hat ein Buch geschrieben, in dem er die Problematik des täglichen Übens sowie das Verhältnis zwischen Lehrkraft, SchülerIn und Eltern beschreibt und in zwölf Kapiteln seine Erfahrungen und Lösungsvorschläge präsentiert.
Harris, britischer Musikpädagoge, dem man die langjährige pädagogische Praxis sowie seinen unbedingten Willen, die SchülerInnen maximal zu fördern, anmerkt, ist kein Unbekannter. Er hat bereits Bücher zum Musikun­terricht geschrieben und möchte mit Die neue Leichtigkeit des Übens einen innovativen pädagogischen Ansatz bieten, der den SchülerInnen regelmäßige Erfolgserlebnisse und eine an­genehme Lernatmosphäre beschert. Harris weiß wohl, dass Üben beträchtliche geistige und körperliche Anstrengung erfordert. Sein Ziel ist, dass die SchülerInnen die Erfahrung des Übens genießen lernen und sich möglichst gerne am Ort „Üben“ aufhalten.
Dem nähert er sich mit den drei sogenannten Säulen des produk­tiven Übens: Einbeziehen – Visualisieren – Rückbeziehen. Was ist damit gemeint? Die Hausaufgaben müssen zu bewältigen sein, es darf zu keiner Überfrachtung der SchülerInnen kom­men und sie müssen frühzeitig in die gestellten Aufgaben einbezogen sein. Außerdem muss die Lehrkraft die gestellten Aufgaben glasklar vorstellen. Beim Rückbeziehen schließlich leitet der Lehrer gemeinsam mit dem Schüler die neuen Aufgaben aus den alten ab. Dies ist umso wichtiger, weil das Lernen in erster Linie zu Hause stattfindet.
Harris beschreibt, wie die häus­lichen Rahmenbedingungen sein sollten, um Üben attraktiv zu gestalten, spricht dabei auch immer wieder manche Selbstverständlichkeiten aus, zum Beispiel, dass eine Einstellung wie „Ich liebe die Musik – also übe ich“ die ideale treibende Kraft ist und nicht der oktroyierte, extrinsische Elternwunsch.
Überhaupt immer wieder die Eltern: Er führt ein paar nette und anschauliche Anekdoten an und zeigt, was Eltern alles falsch machen können. Sein Fazit: Wenn die Eltern einen stressfreien Rahmen stellen, die Kinder beim Üben unterstützen, sie loben und anerkennen, sie auch mal mit ins Konzert nehmen, läuft eigentlich alles von alleine. Wenn es doch so einfach wäre!
Manches in Harris’ Buch kann man belächeln, manches ist ur­alt. Wirklich revolutionär, wie es der Untertitel vermuten lässt, ist das Buch sicher nicht. Und doch ist es gut und wichtig, immer wieder bei einem gestandenen Praktiker nachzulesen, damit man nicht aus den Augen verliert, um was es im Musikunterricht auch geht: um die Anleitung zu einem lustvollen, motivierenden und effektiven Übe-Erlebnis.
Uwe Sandvoß