Walter, Gert

Die neue Technikfibel für junge Pianist*innen

der Unterstufe, der Mittelstufe und der Oberstufe

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Musikverlag Gert Walter, Limbach 2021
erschienen in: üben & musizieren 4/2021 , Seite 61

Wer die klassische Klaviertechnik studieren möchte und mit den Übungen von Carl Czerny und Friedrich Wieck vertraut ist, wird in der Neuen Technikfibel einige gute und weiterführende Materialien finden. Es sind insgesamt drei Etüden, welche jeweils in alle Dur- und Molltonarten transponiert werden. Sie sind etwa ab dem vierten Unterrichtsjahr einsetzbar. Dabei beschreitet der Autor den Weg, „möglichst viele verschiedene technische Formeln in einem einzigen Musikstück unterzubringen, wobei das Training dieser Formeln musikalisch erlebbar bzw. sinnvoll rezipierbar sein soll“ (Vorwort).
Alle drei Etüden bewegen sich im Schwierigkeitsgrad der Mittelstufe. Die Einteilung im Heft ist hingegen als Unter-, Mittel- und Oberstufe bezeichnet, was erfahrene KlavierpädagogInnen irritieren könnte.
Zu jedem Stück gibt es zunächst instruktive Erläuterungen, bevor die transponierten Fassungen kommen. Beim ersten geht es vor allem um die Fingertechnik. Einfache Tonleiterbewegungen und Arpeggien enden in einer traditionellen Schlusskadenz. Im Anhang wird diese Etüde noch mit zahlreichen, gut erläuterten Verzierungen versehen. Gert Walter möchte mit den Übungsstücken zudem Materialien zum freien Kadenzspiel geben, beispielsweise für Cembalo- oder Klavierkonzerte des 18. Jahrhunderts.
In der zweiten als Mittelstufe bezeichneten Etüde werden die Fingertechniken der Druck-, Beuge- und Strecktechnik weiter vertieft. Zudem werden Legato- und Phrasierungsbögen in Richtung eines musikalischen Atems näher behandelt.
Beim dritten als Oberstufe bezeichneten Stück kommen Oktaven, unterschiedliche Arpeggien, Chromatik und Terzen sowie Sexten hinzu. Hier gibt Gert Walter wichtige Hinweise zu einer guten Verteilung des Gewichtsspiels, auch unter Berücksichtigung des Ellenbogens und des Oberkörpers. Etwas irritieren allerdings die vielen Vorzeichen, die für die Übertragung in die Mollvarianten gedacht sind, aber nicht, wie bei der ersten Etüde, in Klammern stehen.
Alle 46 Nummern der Ausgabe in Spiralbindung ohne Seitenzählung sind in einem gut lesbaren Notensatz gedruckt und durchgehend mit unterrichtspraktischen Fingersätzen versehen. Die drei Etüden bieten, inklusive der Transpositionen, vielfältige technische Anreize und Aufgabenstellungen. Zudem eröffnen die Stücke durch das Kennenlernen aller Tonarten und unterschiedlicher musikalischer Floskeln ein freies Kadenzspiel. Gerade durch die Übertragung klassischer Bewegungsmuster in alle Tonarten wird durch die Technikfibel Griffsicherheit auf der Tastatur trainiert, auch in weniger gebräuchlichen Lagen und Positionen.
Wer schon etwas mit dem Klavierspiel vertraut ist, wird, egal welchen Alters, mit diesem Unterrichtswerk seine Spieltechnik vertiefen und weiter differenzieren können.
Christoph J. Keller