Hofmann, Dorothea
Die sieben Farben
für Klavier zu vier Händen
Schon in der Antike haben Menschen versucht, Farben und Töne miteinander in Beziehung zu setzen. Man wollte ein System, eine Ordnung schaffen, wobei die magische Zahl Sieben eine große Rolle spielte: sieben Wochentage, sieben Weltwunder, sieben Planeten (mehr kannte man damals nicht), sieben Töne, sieben Farben im Regenbogen. In den folgenden Jahrhunderten waren Beziehungen zwischen Farbe und Klang immer wieder ein Thema. Man denke nur an Skriabins Idee eines Farblichtklaviers, Werke von Messiaen, Kandinskys „Klangfarbe der Töne“ und Disneys Film Fantasia von 1940. Bis heute gibt es Menschen, die Töne und Klänge mit bestimmten Farben verbinden und Töne sehen können.
Wie also hat die Komponistin die sieben Spektralfarben des Regenbogens – Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo, Violett – in Musik umgesetzt? Dorothea Hofmann hat kurze, sehr unterschiedliche Charakterstücke komponiert, gedacht für „Anfänger des Vierhändigspiels“. Der Satz ist frei- bzw. unbestimmt tonal, klar und durchsichtig, sehr sorgfältig bezeichnet mit vielen Spielanweisungen, allerdings ohne Fingersätze. Primo und Secondo sind im Wesentlichen gleichberechtigt. Schwierigkeitsgrad: etwa Mittelstufe, zum Teil sind die Einzelstimmen leichter. Die Spieldauer beträgt insgesamt etwa neun Minuten.
Das erste Stück „Violett – wie ein seltsamer Walzer“ steht im Dreiviertel-Takt mit Wechsel zu 4/4. Die Melodie meist unisono im Secondo, überraschende Einschübe, Ganztonskala, übermäßige Dreiklänge. Nummer 2 „Indigo – sehr leichtfüßig und flüchtig“ steht im schnellen 7/8-Takt, Primo: Melodie in Quarten und Quinten, Secondo unisono. Das dritte Stück „Blau – dolce con anima ist ein Ostinato-Stück im 6/8, Primo: „immer singend“, Secondo begleitet, hat aber auch Soli.
In der Nummer 4 „Grün – singend in weitem Bogen“ wechseln zwei unterschiedliche Elemente einander ab: Vierviertel-Takt und 3+3+2-Achtel sowie wild (Primo) und perkussiv (Secondo). Im fünften Stück „Gelb – energisch“ gehen die Melodien abwechselnd durch Primo und Secondo, der Mittelteil ist etwas langsamer. „Orange – Primo sehr hell und lontano, Secondo etwas schwer und fast düster“ bietet ein Thema und zwei Variationen, in der Mitte ein kurzes Secondo-Solo. Die abschließende Nummer 7 „Rot – libero/ klar im Rhythmus“ hat maschinell klingende, schnelle Patterns, dann folgt für sechs Takte ein Walzer, bevor der letzte Teil „ungestüm, gegen alle Sentimentalität“ das Werk beschließt.
Die Stücke sind im Ausdruck sowie rhythmisch und klanglich sehr vielfältig. Insgesamt nicht allzu schwer, sind sie für Konzert und Wettbewerb eine gute Wahl. Allerdings sind sie klanglich anspruchsvoll, auch das Pedalspiel erfordert einige Erfahrung.
Ein Manko ist der extrem kleine Notendruck und das unübersichtliche Layout (Satz in Partitur). Das macht das Notenlesen anstrengend. Zusätzlich Einzelstimmen in größerem Satz anzubieten, wäre eine gute Idee.
Frauke Uerlichs